Da soll mal einer sagen, Bargeld habe keinen Stellenwert mehr in der Schweiz. Nicht weniger als zwölf verschiedene Entwürfe für die zehnte Banknotenserie präsentierte die Schweizerische Nationalbank vor kurzem. Über eine Umfrage – quasi eine gesamtschweizerische Vernehmlassung – können sich Herr und Frau Schweizer nun zum Design äussern. Es ist fast schon beruhigend, dass in Zeiten von 39-Prozent-Zollkriegen und drohenden Negativzinsen auch solche Herausforderungen die Schweiz bewegen.
Der Prozess könnte schweizerischer nicht sein. Möglichst alle Landesteile wollen bei den Motiven berücksichtigt sein, jeder soll sich ja ein wenig darin wiedererkennen können – auch wenn das offizielle Thema «Höhenlagen» zumindest den urbanen Teil der Schweiz tendenziell eher ausschliesst. Welcher Berg bekommt eine Tausendernote, wer schafft es nur auf die Zehnernote? Warum verewigt ein Designer Steinböcke, Brücken und Schwinger auf seinen Noten, nicht aber Fussballer oder Wölfe? Warum die vielen Tiere? Und wofür steht eigentlich die Frau im Bikini auf der Banknote eines anderen? Zum Glück dürfen wir abstimmen.
Von der Ameise (Notenserie 6) zur Ziege auf dem Tausender: Aktueller Entwurf für die neuen Schweizer Banknoten.
Dass sich die Nationalbank diese Relaunches regelmässig antut, ist gar nicht so selbstverständlich. In der Schweiz wurden noch mit jeder Neuauflage die Noten komplett neu gestaltet, während beispielsweise die USA beim Dollar zwar regelmässig ein wenig an den Sicherheitsmerkmalen schrauben und einst – Revolution! – zusätzliche Farben einführten, die Motive aber beliessen. In Grossbritannien bestand die grösste Veränderung darin, das Bild der verstorbenen Queen Elizabeth durch eines von King Charles zu ersetzen. Und die Euro-Banknoten wurden noch gar nie grunderneuert. Die Art, wie sich die Schweiz leidenschaftlich um ihr Geld kümmert, hat schon etwas sehr Symbolisches.
Das mediale Aufheben um das Notendesign entspricht immer weniger der realen Bedeutung von Bargeld.
Dabei entspricht das mediale Aufheben, das die Notenbank um das Design macht, immer weniger der realen Bedeutung von Bargeld in der Schweiz. Im Alltag bezahlen viele zunehmend mit Karten oder elektronisch, die Bezahl-App Twint hat gerade die Schwelle von sechs Millionen Kunden geknackt.
Wichtiger als das Design neuer Banknoten muss daher sein, wie sichergestellt wird, dass alle Schweizerinnen und Schweizer Zugang zu diesem Zahlungsverkehr haben, welche Kosten die Transaktionen im Handel verursachen und wie verhindert werden kann, dass Kryptowährungen zum neuen Mittel für Steuerhinterziehung und Geldwäscherei werden. Dann darf von mir aus auch eine Ziege auf die Tausendernote.