Beatrice Tschanz kann kommunizieren. Dahinter stecken Ehrgeiz und Leistung und etwas, wofür sie wenig kann: Menschlichkeit. Dabei agiert Tschanz mit jener Burschikosität, die Männer beruhigt. Obschon es von ihr Statements gibt wie «In schwierigen Situationen ist auf Männer wenig Verlass», ist sie keine, die überall Diskriminierung wittert. Mit ihrer Art hat die 59-Jährige in der gefühlsarmen Managerwelt über die Jahre beispiellose Männerentwicklungsarbeit geleistet. Und sie selbst ist dabei zum Top-Event geworden.

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Angebote macht sie keine – sie bekommt welche. Das vorletzte kam von Herbert Kramel. Der 67-jährige, verwitwete ETH-Architekturprofessor bot ihr an, ihr Ehemann zu werden. Sie sagte zu. Schliesslich war sie bereit für Neues: Mit der Übernahme von Centerpulse durch den US-Konkurrenten Zimmer, bei der sie 1,5 Millionen Franken als Abgangsentschädigung erhalten hatte, war sie nämlich ihren Job losgeworden. Und ihren Heiligenschein.

Tschanz stellte sich in unzähligen Interviews der Kritik, eine Abzockerin zu sein, bis sie müde den Rückzug ins Privatleben versprach. Sie schwört, dass sie den auch durchgezogen hätte, wäre das letzte Angebot nicht von Moritz Leuenberger persönlich gekommen. «Da sagt man nicht einfach Nein.» Das Mandat, «persönliche Beraterin in Zürich», liegt ihr am Herzen. Ihm opfert sie ihren Rückzug ins Privatleben. Das Nachsehen hat ihr Ehemann: Er wird die Chinareise, auf die Tschanz ihn am 10. Dezember, dem Tag der Bundesratswahl, begleiten wollte, allein antreten. Läuft alles nach Plan, hat Tschanz das Leuenberger-Mandat bis nächsten Sommer aber erledigt. Und das Leben, das sie eigentlich jetzt hat beginnen wollen, bekäme nochmals eine Chance.

Machtweg
1944 in Zürich geboren, Primar-, Sekundar-, Handelsschule.


1968–70 Executive Assistant bei der SBG in Brasilien.


1971–78 Journalistin bei Ringier, diverse Führungsfunktionen.


1978–1980 Stellvertretende Chefredaktorin der «Annabelle».


1980–84 Chefredaktorin der «Femina».


1987–91 Leiterin Information/PR bei Ringier.


1991–97 Leiterin Kommunikation bei Jelmoli.


1997–2001 Kommunikationschefin der SAirGroup.


2001 Berufung in den Verwaltungsrat von Valora.


2001–03 Kommunikationschefin bei Centerpulse.


2003 Persönliche Beraterin auf dem Platz Zürich für Bundesrat Moritz Leuenberger.















































Ihre Förderer
Chefs mit Imageproblemen oder grossen Vorhaben wollen ein Kommunikationstalent wie Beatrice Tschanz. Swissair-Chef Philippe Bruggisser stellte sie an, um seine Hunter-Strategie zu verkaufen. Max Link holte sich mit Beatrice Tschanz Glaubwürdigkeit und Integrität in die krisengeschüttelte Centerpulse. Der Multiverwaltungsrat Peter Küpfer freut sich heute noch über seinen Entscheid, Tschanz 2001 in den Valora-Verwaltungsrat eingebunden zu haben: Dank ihr hatte er den Mumm, die Entlassung des operativen Chefs Reto Hartmann statt mit Phrasen mit Klartext zu erklären. Im Valora-Gremium schätzt Tschanz besonders Fritz Ammann, Chef der Detailhandelskette Spar. Das kommt nicht von ungefähr: In der Konsumwelt bekam sie die erste Chance, sich als Managerin zu beweisen. Carlo Magri lotste Tschanz von Ringier zu Jelmoli und übertrug ihr sogleich die Verantwortung über Kommunikation und Marketing mit Millionenbudget. Auch Headhunter Bjørn Johansson hält grosse Stücke auf Tschanz’ Talent, Menschen zu bewegen. Er holte sie ins Patronatskomitee des Griffith-Club, wo sie nun zusammen mit anderen Promis Geld für den Profifussball der Zürcher Grasshoppers beschaffen soll.






































Swissair-Ära
Der Absturz der Swissair-Maschine in Halifax im Oktober 1998 verhalf Tschanz zu Berühmtheit. Sie hat vorbildlich kommuniziert und es sogar geschafft, dass der sonst verstockt wirkende Swissair-Chef Philippe Bruggisser Wärme und Anteilnahme ausstrahlte. Drei Jahre später, als die Gesellschaft als Ganzes abstürzte und Bruggisser von Bord ging, hätte sie eigentlich auch gehen sollen, sagt Tschanz heute. Sie ist geblieben. Weil Hunderte von Mitarbeitern sie darum baten und ihr die Herren Verwaltungsräte, von Lukas Mühlemann bis Thomas Schmidheiny, einbläuten, dass Tschanz sie auf dem Höhepunkt ihres Ruhmes nicht einfach im Stich lassen könne. Sie gab diesem Druck nach und schlug das Angebot von Novartis-Lenker Daniel Vasella aus, der sie als Konzernsprecherin haben wollte. Sie selbst stellte sich ihren Mitarbeitern nie in den Weg – im Gegenteil: Hans Klaus empfahl sie Bundesrätin Ruth Metzler erfolgreich, und Urs Peter Naef liess sie als Sprecher in die Migros-Zentrale ziehen.
































Ihr Draht nach Bern
Walter Bosch, Swiss-Verwaltungsrat, ehemaliger Werber und Ringier-Manager, hat seinem Freund Moritz Leuenberger ans Herz gelegt, «sich Bea zu holen». Als persönliche Beraterin des Bundesrates wird sie künftig versuchen, dessen Widersacher Klaus J. Stöhlker und Roger Schawinski in die Schranken zu weisen. Während Stöhlker geduldig auf Anweisungen wartet, «wie ich mich zu benehmen habe», kanzelte Schawinski sie in der «Weltwoche» bereits vorsorglich als Profilneurotikerin ab. Hinter den Kulissen wird Tschanz den Kontakt zu allen Exponenten im Fluglärmstreit pflegen, zu SVP-Regierungsrätin Rita Fuhrer ebenso wie zu den Flughafenchefs Josef Felder und Andreas Schmid oder zu Carolina Müller-Möhl, die wie Tschanz in Zumikon wohnt, also am Puls des Geschehens. Die beiden kennen sich aus Tschanz’ Zeit als Verwaltungsrätin der Gratiszeitung «20 Minuten», welche durch die Müller-Möhl Group mitbegründet wurde. Diskret will Tschanz zudem dafür sorgen, dass der Magistrat künftig einen dem Sachgeschäft angepassten Ton anschlägt: «Ich werde Leuenbergers Wadenbeisser.» Ihr Mann, Herbert Kramel, ist übrigens ein Bekannter von Moritz Leuenbergers Frau Gret Loewensberg.





































Ihre Medienconnection
Marc Walder, Chefredaktor der «Schweizer Illustrierten», beschimpfte Tschanz nach dem Centerpulse-Deal, bei dem sie 1,5 Millionen Franken kassierte, wortreich als Abzockerin. Wenige Wochen später stellt Tschanz Walder die Bilder ihrer Hochzeit exklusiv zur Verfügung und erklärt: «Früher oder später hätte ich diesem Druck sowieso nachgeben müssen.» Tschanz hat die Gesetze der Medienwelt in den sechzehn Jahren, die sie im Verlagshaus Ringier verbrachte, verinnerlicht. Ihre Verbindung zur Ringier-Presse ist eng, obschon sie das Unternehmen 1991 Knall auf Fall verlassen musste. Michael Ringier bezeichnet sie heute noch als wichtige Figur im persönlichen Netzwerk, den Kontakt zu Ringiers Frau Ellen als gut. Weil Tschanz meint, was sie sagt, und sagt, was sie meint, ist sie ein gern gesehener Gast in Talkshows. Markus Gilli, Chef des Lokalsenders Tele Züri, versucht immer wieder, sie zurück in den «SonnTalk» zu locken, wo sie zu Swissair-Zeiten regelmässig anzutreffen war.