Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe dürfte Josef («Joe») Ackermann, dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, dieses Jahr die Weihnachtstage ziemlich vermiesen. Auf den 21. Dezember ist das Urteil in der Revisionsverhandlung zum Mannesmann-Prozess anberaumt. Es geht nicht um Schuld oder Unschuld, sondern darum, ob die Freisprüche für Ackermann, den Ex-Mannesmann-Chef Klaus Esser und vier weitere Angeklagte vom Sommer 2004 bestätigt werden. Oder ob es zu einer Neuauflage kommt.

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Die Signale des höchsten Gerichtes während der Verhandlung im Oktober deuten auf Zweiteres. Ein Albtraum für Ackermann, müsste er nochmals auf die Anklagebank und ins mediale Fegefeuer.

Erstinstanzlich erfolgte ein Freispruch zweiter Klasse. Das Gericht ging trotz Pflichtverletzungen der Mannesmann-Aufsichtsräte von «unvermeidbarem Verbotsirrtum» aus. Will heissen, dass die Angeklagten nicht vorsätzlich illegal handelten. Das sahen Staats- und Bundesanwaltschaft anders. Sie werfen Ackermann & Co. Untreue vor: Man habe Managern und Ex-Vorständen nach dem 180-Milliarden-Deal mit Vodafone ungerechtfertigte Abfindungen in Höhe von rund 60 Millionen Euro zugeschoben. Was die Beschuldigten bestreiten.

Egal wie das Verfahren letztlich ausgeht – für Smiley-Joe ist die Situation nicht mehr lustig. Gute Bekannte Ackermanns berichten, dass er nicht verstehen könne, was ihm da geschehe. Doch sein Buhmann-Image hat sich der Starbanker mit fast acht Millionen Euro Jahressalär zum Teil selber eingebrockt: so mit dem unbedachten Victory-Zeichen zu Prozessbeginn, das ihm als Arroganz ausgelegt wurde. Dann mit der Verkündigung von 2,47 Milliarden Euro Konzerngewinn und dem gleichzeitigen Abbau von 6400 Arbeitsplätzen.

SPD-Vorsitzender Franz Müntefering kreierte das Schimpfwort von den «Ackermännern mit mangelnder Unternehmerethik». Auch die designierte Kanzlerin Angela Merkel, sonst dem Eidgenossen zugetan, ging auf Tauchstation. Ackermann, der Rendite und dem Aktionär verpflichtet, denkt für die Deutschen zu global.

Offen zu Ackermann bekennen sich in diesen Tagen wenige: etwa die Aufsichtsratschefs Jürgen Weber von Lufthansa, Werner Wenning von Bayer, Heinrich von Pierer von Siemens und Ziehvater Rolf-E. Breuer von der Deutschen Bank. Alles Leute, mit denen der Vielgeschmähte direkt zu tun hat, entweder als Aufsichtsratskollege oder als Vorstand der Bank. Die Zurückhaltung vieler Topshots hängt auch damit zusammen, dass Ackermann die Kapitalverflechtungen seines Instituts mit den Grossfirmen der «Deutschland AG» schrittweise kappt. Die Deutsche Bank hat den Abgang von Jürgen Schrempp bei DaimlerChrysler genutzt und die Beteiligung auf 6,9 Prozent reduziert. Wer den Heimatschutz aufgibt, steht in stürmischen Zeiten ziemlich allein da.

Das Kandidatenkarussell

Ackermann hat die Deutsche Bank verschlankt und auf internationales Profitniveau gehoben. Die angepeilte Eigenkapitalrendite von 25 Prozent liegt für 2005 durchaus drin, auch der Aktienkurs hat deutlich zugelegt. Sein Leistungsausweis hat die Kritik der Analysten verstummen lassen. Den inter- nen Gegner Ulrich Cartellieri, graue Eminenz im Aufsichtsrat, ist Ackermann los. Nachfolger Paul Kirchhof, von Noch-Bundeskanzler Gerhard Schröder respektlos immer nur «der Professor aus Heidelberg» genannt und mitverantwortlich für die Wahlschlappe der CDU, verhält sich loyal. Trotz aller Kritik von aussen: Intern ist Ackermann dank seinem Leistungsausweis unumstritten und sitzt fest im Chefsessel. Dort wolle er auch bleiben, hat er wiederholt verkündet. Doch Ende 2006 läuft sein Vertrag aus; ob er verlängert wird, hängt vom Ausgang des Mannesmann-Prozesses ab. Bereits dreht sich das Kandidatenkarussell. Intern drängt sich niemand auf. Als Nachfolger gehandelt wird Heinz-Joachim Neubürger. Der gelernte Banker ist Finanzchef bei Siemens. Und wieder ins Spiel gebracht wird der erfahrene Thomas Fischer, Chef der WestLB und Ex-Vorstand der Deutschen Bank.

Die Swiss Connection

Dass der Doktor der Wirtschaftswissenschaften – er promovierte 1977 an der HSG ausgerechnet beim Wachstumskritiker Hans Christoph Binswanger – den Karrierelift nach oben nehmen würde, verdankt er neben Leadership vor allem Schweizer Mentoren. Roland Rasi, damals Sekretär von SKA-Chef Robert A. Jeker, schlug ihn als Generaldirektor vor. Rasi und Ackermann sind heute noch miteinander befreundet. 1993 wurde Ackermann SKA-Präsident und in der Credit Suisse hinter Rainer E. Gut Nummer zwei. 1996 wechselte er unter Nebengeräuschen zur Deutschen Bank. Zu UBS-Chef Marcel Ospel und Oswald Grübel von der CS pflegt er ein kollegiales Verhältnis, ebenso zu Manfred Gentz, Präsident von Zurich Financial Services. Und wenn er mit Bundesrat Pascal Couchepin diniert, geht es nicht nur ums Essen.

Ackermann privat

Josef Ackermann, Jahrgang 1948, ist in Mels SG geboren. Sein Vater war Landarzt, sein Bruder Daniel Ackermann ist Urologe und Belegarzt an der Klinik Hirslanden in Aarau. Der musisch interessierte Banker – er spielt Klavier und liebt Opern von Verdi und Mozart – ist mit der Finnin Pirkko Mölsä verheiratet. Das Paar fand während des Studiums an der HSG zusammen. Die einzige Tochter ist 21-jährig. Im Militär schaffte es Ackermann zum Obersten.