«Wir sind zuversichtlich, dass Twint ab 2022 in ersten Nachbarländern eingesetzt werden kann». Das sagt Anton Stadelmann, stellvertretender Chef von Twint. Das Zahlungs-Unternehmen im Besitz der grossen Schweizer Banken informierte am Mittwoch über seine Pläne. «Wir hören unsere Kunden, die Twint gerne auch im Ausland nutzen würden», sagt Stadelmann. «Nicht erst seit gestern.»

Konkret arbeitet Twint daran, die nationalen Handy-Bezahlsysteme im Rahme der European Mobile Payment Systems Association (EMPSA) kompatibel zu machen. So dass ein Schweizer künftig in Deutschland mit Twint bezahlen kann, wo das deutsche Pendant Bluecode akzeptiert wird. Ein erster Test in Süddeutschland habe bereits im vergangenen Jahr erfolgreich stattgefunden, sagt Stadelmann.

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In erster Linie setze man auf die Nachbarländer der Schweiz. Danach solle die Zusammenarbeit Schritt für Schritt ausgebaut werden. Derzeit sind 14 Zahlungsanbieter aus 15 Ländern Mitglied bei der EMPSA. Abgewickelt würde die Auslandzahlung ähnlich wie bei einer Kartenzahlung. So wird die Bank, welche die Twint-App betreibt, auch für en Wechselkurs verantwortlich sein.

Twint-Chef Markus Kilb zeigt sich zufrieden mit dem Geschäftsverlauf. Mittlerweile habe man 3,5 Millionen Aktive Nutzer in der Schweiz. 77 Prozent der Zahlungen, die über eine Handy-Bezahlapp ausgelöst werden, laufen demnach über Twint. Der Rest dürfte hauptsächlich bei Wallets wie Apple Pay oder Google Pay liegen, wobei der Vergleich nicht ganz fair ist, da bei Twint offenbar auch reine Überweisungen zwischen Nutzern mitgerechnet werden.

Wie Wechat und Alibaba: Twint will zum Marktplatz werden

In der Schweiz setzt Twint vor allem auf seinen Marktplatz. Wie bei den grossen Vorbildern aus China strebt Twint an, dass immer mehr Geschäfte direkt in der App abgeschlossen werden.

Twint-Chef Kilb macht ein Beispiel: «Ich gehe auf Twint, buche dort ein Kino-Ticket und schicke meiner Frau eine Einladung. Dann buche ich aus Twint heraus ein Restaurant und habe direkt die Speisekarte. Meine Bestellung wird dann direkt bezahlt.» Noch sind das Zukunftsvisionen, aber man Arbeite stark an der Umsetzung, so Kilb.

Die nächsten Erweiterungen: Ab 2021 werde man über Twint Versicherungen abschliessen können. Konkretes dazu ist noch nicht zu erfahren. Fest steht aber, dass die Versicherungen von verschiedenen Anbietern sollen und von einem Vermittler auf in der Twint-App angeboten werden sollen. Ebenfalls geplant ist der Vertrieb von Tickets oder nach Hause gelieferten Mahlzeiten.

Noch etwas weiter in der Zukunft, aber ebenfalls schon auf der Wunschliste sind: Autovermietungen, Restaurant-Reservationen, Scooter-Mieten oder eine Suchfunktion für Hofläden

2022 ist Schluss mit Aufladen via LSV

Twint-Chef Kilb äussert sich auch zur Kritik aus Bankenkreisen. Dort hatte der Entscheid für Unmut gesorgt, keine Bankkonten mehr über LSV anzubinden. Bisher ist es möglich, dass Kunden von Banken, die keine eigene Twint-App haben, die Prepaid-App via LSV-Belastung aufladen. Direkt ab dem Bankkonto. Das ist schneller etwa als eine Einzahlung via Banküberweisung. 

 Diese Version werde mittelfristig eingestellt, so Kilb. Künftig gibt es nur noch Prepaid ohne Kontoanbindung und die voll integrierte Bank-App. Für die Banken ist letztere jedoch deutlich teurer, da Betrieb und Integration teuer sind und zusätzliche Gebühren an Twint anfallen. 

«Die Direktanbindung ist aus Kundensicht die beste Version», sagt Kilb. Sie sei jedoch auch für die Banken attraktiv, weil sie so am Umsatz partizipieren können. Wie Kreditkarten fliesst bei einer Twint-Transaktion ein Prozentsatz der Händlergebühren an die Herausgebende Bank. Wie viel das ist, legt Kilb nicht offen. «Das wird direkt zwischen den Banken und den Firmen vereinbart, die die Zahlungen abwickeln.»

Derzeit gebe es viele Banken, die an einer Vollanbindung arbeiten. Es dauere sicher noch bis 2022, bis da alle abgearbeitet seien, sagt Kilb. So lange werde man niemanden von der LSV-Lösung ausschlissen. Das heisst aber auch: 2022 ist wohl Schluss mit der Zwitterlösung 

Für Twint ist die Vollintegration auch deshalb interessant, weil sie offenbar für Mehrumsatz sorgt. 15 Prozent der Kunden haben laut Twint derzeit die Prepaid-App. 95 Prozent des Umsatzes jedoch stammt von Kunden mit einer voll integrierten Bank-Version.