Es ist eine Story, wie sie so nur in wenigen Ländern geschrieben wird: Da kommt ein junger Arzt und Gesundheitsexperte namens Vas Narasimhan aus dem globalen Pharma-Epizentrum Boston/Cambridge als Entwicklungschef ins kleine Basel, verwandelt ein stagnierendes Multispartenhaus namens Novartis in einen brummenden Pharma-Pure-Player. Und nun macht sich auch noch seine Frau auf, ein darbendes Biotechunternehmen wachzuküssen.

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Keine Frage, die Familie Narasimhan ist angekommen. Die neue Idorsia-Chefin Srishti Gupta lässt im Gespräch Sätze fallen wie «we would love to stay here». Es sei «ein unglaubliches Privileg», in Basel zu leben, und sie wünsche der Stadt, dass sie mit Idorsia einen dritten, voll integrierten Pharmakonzern neben Roche und Novartis bekomme – so, wie es das notabene französische Gründerpaar Jean-Paul und Martine Clozel immer wollte.Die Einbürgerungsgesuche sind gestellt, man betätigt sich karitativ, hat Freunde, die beiden Novartis-Junioren sind bereits «Swiss Citizens» und spielen Fussball und Basketball.

Der einheimische Pool würde das, was die Schweizer Unternehmen an Talenten brauchen, längst nicht mehr hergeben.

Die Narasimhans sind nicht die Einzigen. In den Chefetagen der SMI-Troika sind AOC-Schweizer längst die Ausnahme, welche die Regel bestätigen. Der letzte Novartis-Chef mit Schweizer Geburtsurkunde hiess Daniel Vasella. Severin Schwan, Dauer-CEO bei Roche und Verwaltungsratspräsident, war Österreicher, ebenso wie sein Vorgänger Franz Humer; Nachfolger Thomas Schinecker hat die deutsche und die österreichische Staatsbürgerschaft. Und in Vevey VD haben mit den Nestlé-Granden Helmut Maucher, Peter Brabeck und Paul Bulcke ohnehin seit Jahrzehnten allenfalls Neo-Eidgenossen das Sagen.Gut so. Der einheimische Pool würde das, was die Schweizer Unternehmen an Talenten brauchen, längst nicht mehr hergeben. Das Land lebt seit Jahren intellektuell über seine Verhältnisse, und es hat daraus die richtigen Schlüsse gezogen: Rekrutierung im Ausland. Patriotismus in den Chefetagen? Nein danke.

Grundsätzlich gilt: Wer einen Beitrag leistet, ist auch willkommen.

Möglich macht das ein gesellschaftliches Klima, das Leistung honoriert und nicht auf sachfremde Dinge wie den Pass schaut, wenn es um die Besetzung von Schlüsselpositionen geht. Diskussionen um eine «Leitkultur», wie sie in Deutschland immer wieder mal aufploppen, wären hierzulande undenkbar. Wie auch? Weit käme man dabei ohnehin nicht, die Diskussion würde schon an der Frage scheitern, ob sie auf Französisch, auf Deutsch, auf Schweizerdeutsch oder auf Italienisch geführt werden soll.

Die Schweiz hat in den vergangenen Jahren eine erstaunliche Integrationsfähigkeit bewiesen. Das gilt nicht nur für die Teppichetagen, sondern auch für diejenigen, die in den unteren Gefilden des Maschinenraums der Schweizer Wirtschaft die Hebel bedienen. Grundsätzlich gilt: Wer einen Beitrag leistet, ist auch willkommen. Das mag man als nüchtern empfinden, als so pragmatisch, dass es bisweilen wehtut. Aber es funktioniert. Und es birgt die Chance, dass in Basel ein weiteres grossartiges Pharmaunternehmen entsteht. Toll wäre es ja.