Die Raiffeisen mag es philosophisch. «Wir versuchen, die Komplexität durch die Metapher des Theaters zu vermitteln», zitiert die Bank die Tessiner Architekten Gaffurini, Pagani und Tresoldi. Das Trio hat das neue Raiffeisen-Forum in der Berner Innenstadt entworfen – ein Ort der Begegnung von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft soll es sein.

Die Wirklichkeit ist profaner. Mit dem schlichten Lokal, das mit seinem Halbrund an ein antikes Theater erinnert, will sich das Finanzinstitut in erster Linie mehr Gehör in Bundesbern verschaffen. Sechs Mitarbeiter verrichten in der neuen Lobbyingzentrale unweit des Bundeshauses die Politarbeit – 1,3 Millionen Franken beträgt das jährliche Budget.

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Die Genossenschaft kann damit auf Schweizer Terrain locker mit den Grossbanken mithalten. «Es wird in Bern immer mehr reguliert», sagt Alexandra Perina-Werz, Leiterin Politik bei Raiffeisen Schweiz. «Umso wichtiger ist, dass wir vor Ort die Interessenvertretung wahrnehmen.»

Vitamin C

In der politischen Arbeit nutzt die Genossenschaftsbank vor allem die Netzwerke der CVP: Treibende Kraft hinter dem Raiffeisen Forum in Bern ist Hilmar Gernet. Der heutige Direktor und Delegierter für Politik, Genossenschaft und Geschichte bei der Bank war von 1997 bis 2011 Generalsekretär der CVP.

Gernet war es auch, der letztes Jahr die Parteikollegin Perina-Werz als neue Politchefin an Bord holte. Die amtierende Präsidentin der CVP Bern war lange Zeit die rechte Hand des früheren CVP-Ständerats Urs Schwaller. «Dass ich den Parlamentsbetrieb kenne, vereinfacht meine Arbeit», sagt die 40-Jährige.

Viele Freunde im Parlament

Die Speerspitze im Lobbying der Raiffeisen ist eine informelle Gruppe von 14 Parlamentariern, welche die politischen Anliegen der Bank in die Räte trägt. Rund die Hälfte davon, darunter die Ständeräte Filippo Lombardi, Pirmin Bischof, Erich Ettlin und Beat Vonlanthen, stammen ebenfalls aus der CVP.

Zur Gruppe dieser Freunde der Raiffeisen gehören allerdings auch die Ständeräte Peter Föhn (SVP) und Joachim Eder (FDP) sowie die Nationalräte Thomas de Courten (SVP) und Bruno Pezzatti (FDP). Es handelt sich dabei um amtierende oder ehemalige Verwaltungsräte der Bank sowie andere Politiker mit enger Beziehung zur Bank.

Ein schwelender Konflikt

Dass die Raiffeisen das Politlobbying in Bern forciert, hat viel mit der Schwäche der Bankiervereinigung zu tun. Seit Jahren schwelt in der Finanzbranche ein Konflikt: So bemängeln die Inlandbanken, sie müssten regulatorische Auflagen erfüllen, die für ihr Geschäftsmodell überzogen seien und ihnen unnötige Kosten und Bürokratie verursachten.

Von der Bankiervereinigung fühlen sie sich nicht gut genug vertreten: Diese verfolge in erster Linie die Interessen der Grossbanken, heisst es jeweils. Dass die Bankiervereinigung mit Silvan Lipp einen langjährigen UBS-Mann als neuen Public-Affairs-Chef verpflichtet hat, dürfte diese Vorbehalte nicht kleiner werden lassen.

Die Interessen unterscheiden sich

«Es zeigt sich, dass die Inlandbanken je länger, je weniger die gleichen Interessen haben wie die Auslands- und Grossbanken», betont Perina-Werz. Mit dem Raiffeisen-Forum in Bern vertrete man die eigenen Interessen halt selber.

Wie tief der Graben geht, den die Inlandbanken von den Grossbanken trennt, zeigte sich letzten Herbst. Raiffeisen-CEO Patrik Gisel machte sich in einem Interview für eine Lockerung der Vergabe von Hypotheken stark. Bald darauf kritisierten die Grossbanken das Vorpreschen der Genossenschaftsbank – und stellten sich hinter die Finma, die keine Aufweichung der Vergabekriterien zulassen will.

Weibeln für differenzierte Regulierung

Nicht immer sind die Differenzen so eklatant. Im Verbund mit anderen Inlandbanken macht sich die Raiffeisen dafür stark, dass in der Regulierung zwischen Inlandbanken und international ausgerichteten Banken differenziert wird. Zugleich drängt sie in der Debatte zum Finanzdienstleistungsgesetz viel entschiedener als die Bankiervereinigung darauf, dass die Beweislast bei der Prospekthaftung nicht bei den Finanzinstituten liegt.

Eine zentrale Rolle im Lobbying spielt dabei die vor drei Jahren gegründete parlamentarische Gruppe Inlandbanken, der auch die Kantonalbanken angehören. Starker Mann der Gruppe ist mit Co-Präsident Pirmin Bischof – wie könnte es anders sein – ein CVP-Politiker.