Manchmal versteckt sich der springende Punkt auch bei einer Behörde hinter einem Wort mit nur zwei Buchstaben. Man müsse dafür sorgen, dass «es» bezahlbar bleibe, schreibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf eine Anfrage zu Lunsumio, dem Krebsmedikament, das Roche in einem beispiellosen Akt als Reaktion auf den Preisdruck in Bern vom Markt genommen hat. Auf Nachfrage präzisiert das Amt, dass es den Auftrag habe, die Wirtschaftlichkeit von Medikamenten zu überprüfen. Das ist richtig, doch zu einer wie auch immer gearteten Bezahlbarkeit des Gesundheitswesens, die das BAG im Auge behalten müsse, sagt das Gesetz nichts. Man beruft sich auf die Sorgen der Bevölkerung wegen der Gesundheitskosten, lässt Verhandlungen mit einer Pharmafirma platzen und überlässt es dem Unternehmen, die Therapie weiter zu finanzieren – das ist die neue, bittere Realität im BAG.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Ich will mich hier nicht auf die Diskussion einlassen, ob die Preisforderungen von Roche überzogen waren. Auch wenn mir ein Betrag von 60’000 oder auch 80’000 Franken für eine Therapie, die volle Ansprechraten hat und die auf einer Technologie fusst, deren Entwicklung Milliarden gekostet hat, prima vista nicht überzogen erscheint. Klar ist, der Vorgang hat einen Namen: Rationierung. Dass ein Medikament, das potenziell Menschenleben rettet, nicht mehr von den Krankenkassen vergütet wird, darf einfach nicht passieren.

Das BAG hat sich auf die Medikamentenkosten eingeschossen

Bei Lunsumio geht es um zwei Dutzend Patienten pro Jahr, schlimm genug. Doch das Medikament ist nur der Kanarienvogel in der Mine. Patientinnen mit schweren Krebserkrankungen oder seltenen Krankheiten können sich in der Schweiz längst nicht mehr darauf verlassen, dass ihre Ärzte auf das ganze Arsenal der medizinischen Möglichkeiten zurückgreifen können. In der Schweiz ist nur die Hälfte der in der EU zugelassenen Medikamente verfügbar. Kenner raten deshalb längst zu einer Zusatzversicherung für Behandlungen im Ausland.

Die Medikamentenbrache Schweiz wird damit zum Geschäft für die Krankenkassen. Das ist das Ergebnis einer Politik, die sich auf die Medikamentenkosten regelrecht eingeschossen hat; auf einen Ausgabenposten in der Krankenversicherung, der seit Jahren prozentual gleich bleibt – und das bei geradezu explodierenden medizinischen Fortschritten. Die Konstellation ist dankbar. Mit Pharmafirmen, die angeblich auf Kosten der Schweizer Prämienzahler Milliardengewinne einstreichen, lässt sich in einer Gesellschaft, die Profite zunehmend für moralisch verwerflich hält, gut Politik machen. Auch wenn das falsch ist und es vor allem das US-Gesundheitssystem ist, das die Entwicklungskosten finanziert. Dafür lässt man jedes Jahr Effizienzgewinne in Milliardenhöhe liegen, wie sie eine elektronische Patientenkarte bringen würde. Ob das die Bevölkerung will, auf die sich das BAG beruft?