Es soll der Ruag den nötigen Schub verleihen: die Aufspaltung des Bundesbetriebs in eine Wartungseinheit der Armee und in einen ausländischen Technologiekonzern namens Ruag International, der schrittweise privatisiert werden soll. Um fit für einen allfälligen Börsengang zu werden, muss der Rüstungskonzern zunächst aber sein Portfolio trimmen. Devestieren ist angesagt, was angesichts der Altlasten ein schwieriges Unterfangen ist. Man müsse vom «heutigen Konglomerat» zu einem «schlanken, fokussierten Konzern» kommen, sagte Ruag-Verwaltungsratspräsident Remo Lütolf vor einigen Wochen in der NZZ.

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Die Verkaufsabsichten des Bundesbetriebs begleitete Lütolf mit fast überschwänglicher Zuversicht: Es gebe namhafte Interessenten für fast alle zur Disposition stehenden Bereiche. Und im Hinblick auf die mittelfristige Privatisierung der Ruag International versprach der Präsident gar, «dass es in ein paar Jahren noch attraktiv klingeln wird in der Bundeskasse».

Erst fokussieren, dann privatisieren; das zuständige Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) als Ruag-Eigner unterstützt Lütolfs Vorgehen. Eine Privatisierung müsse «kontrolliert» vonstatten gehen. «Die vollständige Privatisierung macht erst Sinn, wenn die Ziele der Profitabilität und damit eine günstige Marktposition erreicht sind.»

Unterdurchschnittliche Rentabilität

Doch auch zwanzig Jahre nach ihrer Ausgliederung aus der Verwaltung ist die Ruag weiter stark von den Armeeaufträgen abhängig. «Das VBS bleibt Schlüssel- und wichtigster Einzelkunde von Ruag», schreibt der Bundesrat im jüngsten Evaluatationsbericht der Ziele. So stieg der Umsatzanteil der Armee im Geschäftsjahr 2018 zuletzt wieder leicht auf 30,5 Prozent.

Schwerer wiegt allerdings, dass der seit zwei Jahrzehnten andauernde Strukturwandel vom nationalen Rüstungsbetrieb zum internationalen Technologiekonzern weiter zu wünschen übrig lässt: «Die Gewinnmarge der Ruag liegt deutlich unter jener von vergleichbaren europäischen Unternehmen», schreibt der Bundesrat und erwartet, dass die Ruag eine Rentabilität ausweise, die mit vergleichbaren Technologie- und Wehrtechnikunternehmen in Europa Schritt halte. Doch bis zu einem möglichen Reibach mit Ruag International stehen dem Rüstungskonzern umfangreiche Devestitionen bevor.

Das Beispiel einer Luftfahrtservice-Tochter in Deutschland zeigt dabei exemplarisch, wie sich staatliche Rüstungsmanager im letzten Jahrzehnt mit bescheidenem Erfolg in der Privatwirtschaft versucht haben. Im Falle der Ruag Aerospace Services GmbH mit Sitz im bayerischen Oberpfaffenhofen resultierten seit 2008 kumulierte Jahresfehlbeträge von 72 Millionen Euro, wie offizielle Zahlen zeigen (siehe Grafik). Die Verluste deckte jeweils die Ruag-Deutschland-Holding. Ein Grossteil sei während der Restrukturierung zwischen 2010 und 2012 angefallen, erklärt eine Ruag-Sprecherin.

Armee-Abhängigkeit reduzieren

Genau jene notorisch defizitäre Luftfahrt-Tochter will der Bundesbetrieb nun aber veräussern, da es sich um «noncore activities» handle. Eine Aussage, die einem vertraulichen Verkaufsprospekt zu entnehmen ist, welcher der «Handelszeitung» vorliegt. Unter dem Projektnamen Sequoia, auf Deutsch Mammutbaum, schildert der sechsseitigen Verkaufsprospekt die Eckwerte des Luftfahrtdienstleisters mit 450 Vollzeitstellen.

Aerospace Services soll gemäss Prospekt einen «Grossprofit» von 10 Millionen bei einem Jahresumsatz von rund 80 Millionen Euro erzielen. «Die in der Verkaufsdokumentation enthaltenen Zahlen werden von möglichen Käufern im Rahmen der Due Diligence verifiziert werden», erklärt eine Ruag-Sprecherin, womit der Bundesbetrieb indirekt die Verkaufsabsichten bestätigt.

Was die Ruag-Führung als «nicht strategisch» zu verkaufen versucht, galt vor 15 Jahren gemeinhin als Königsweg, um die Ruag aus ihrer Armeeabhängigkeit zu befreien: Als die deutsche Fairchild Dornier 2002 Insolvenz anmelden musste, sicherte sich der Bundesbetrieb deren Flugzeugstrukturbau und den Flugzeugunterhalt, Aerospace Services: «Eine Übernahme dieser beiden Bereiche würde uns einen massgeblichen Schritt vorwärts bringen und unsere Abhängigkeit von Armeeaufträgen schlagartig weiter reduzieren», sagte der damalige Ruag-Chef Toni Wicki vor der Transaktion.

Einige Jahre später entschied sich die Ruag-Spitze gar, im bayerischen Oberpfaffenhofen nicht nur Flugzeuge instandzustellen, sondern auch selber welche zu montieren: eine neue Version der zweimotorigen Dornier 228, für welche die Ruag die Baupläne vorlegte. Das Konzept sah vor, Rumpf und Flügel des 19-plätzigen Flugzeugs aus Indien zu beziehen und das Modell dann in Deutschland zu montieren und auszurüsten. Doch der Ruag-Flieger geriet zum pannenreichen Problemvogel, der wirtschaftlich nie wirklich abheben sollte. Nun folgt der Verkaufsversuch.