Die Spitalkosten gehören zu den grössten Kostentreibern im Schweizer Gesundheitssystem. Doch sind wirklich alle teuren Operationen nötig? Der Internet-Vergleichsdienst comparis.ch wollte es wissen und befragte 350 Ärzte und Pflegekräfte aus dem OP-Bereich.

Das Ergebnis lässt aufhorchen: 18 Prozent der Ärzte und 24 Prozent der Pfleger haben das «Gefühl, dass manche Operationen aus medizinischer Sicht nicht notwendig gewesen wären». Passend dazu zeigen Zahlen des Bundesamts für Statistik, dass vor allem Operationen zugenommen haben, mit denen sich besonders viel Geld verdienen lässt.

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Im internationalen Vergleich viele Operationen

Bereits im vergangenen Jahr hatte eine Studie gezeigt, dass in der Schweiz im internationalen Vergleich besonders viel operiert wird. Die Schweiz lag bei allen verglichenen Operationen im vordersten Drittel der 17 verglichenen OECD-Staaten. Die hohen Zahlen seinen nicht alleine auf die Bedürfnisse der Patienten zurückzuführen, schrieben die Experten.

Die Daten des Bundes passen dabei gut ins Bild. «Lukrative Operationen an Knie, Hüfte und Rücken haben besonders stark zugenommen», schreibt Comparis. 2012 wurden beispielsweise 16'966 Personen wegen einer Knieprothese stationär behandelt, 96 Prozent mehr als 2003 (8676). Im gleichen Zeitraum betrug die Zunahme bei Wirbelkörperverblockungen 80 Prozent, von 2429 auf 4380.

Patienten werden kränker gemacht

Die OP-Inflation sorgt in der Schweiz immer wieder für rote Köpfe. «Nicht alle Operationen sind nötig», sagte selbst Bernhard Christen, der ehemalige Präsident des Schweizerischen Orthopäden-Verbands in einem Interview mit der «NZZ». «Zudem scheinen gewisse Operationen mit der Anzahl Orthopäden zusammenzuhängen. Mit medizinischen Argumenten lässt sich jedenfalls nicht erklären, warum im Kanton Bern mehr Knieprothesen eingesetzt werden als etwa in der Ostschweiz.»

Das Fallpauschalen-System schaffe falsche Anreize, kritisierte die Schweizerische Gesellschaft für Chirurgie (SGS) schon 2013. «Das Risiko besteht, dass Eingriffe nur durchgeführt werden, um Geld zu verdienen», sagte SGC-Präsident Ralph Alexander Schmid damals gegenüber «20Minuten». «Man macht den Patienten kränker, als er ist, um Leistungen zu generieren.»

Zu Lasten der Prämienzahler

Für Felix Schneuwly von Comparis ist klar: «Auf der einen Seite werden Menschen ohne hinreichende medizinische Evidenz operiert. Auf der anderen Seite beklagen Gesundheitsfachleute und –politiker Ärztemangel und Pflegenotstand. Offensichtlich wird mit den menschlichen und finanziellen Ressourcen im Gesundheitswesen nicht haushälterisch umgegangen.»

Die Problematik der unnötigen Operationen ist klar. Der Krankenkasse-Experte sagt: «Die OP-Inflation geht letztlich zu Lasten der Prämienzahler, weil diese nämlich die medizinisch unnötigen Eingriffe mit ihren steigenden Prämien in der obligatorischen Krankenversicherung bezahlen müssen.»