Die Industriedesigner Fabian Engel und Simon Oschwald von der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) haben Beinprothesen aus rezyklierten Kunststoffabfällen entwickelt, die kostengünstig hergestellt und besonders in Entwicklungsländern eingesetzt werden können. Die beiden Design-Studenten entwickelten die Prothese für ihr Abschlussprojekt. Nun haben sie aus «Project Circleg» ein Geschäftsmodell gemacht und sind gerade in der Gründungsphase.

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Am Anfang wollten die Studenten etwas Positives bewirken. Dann stellten Sie fest, dass die Unmengen an Plastikmüll und fehlende Recycling-Systeme in Entwicklungsländern ein grosses Problem sind. Laut einer Studie der Ellen MacArthur Foundation von 2016 landen über 70 Prozent der jährlich produzierten 78 Millionen Tonnen Kunststoffverpackungen in der Natur oder in Deponien. Daher überlegten sich die beiden Studenten, wie sie diese Ressource sinnvoll nutzen.

Engel und Oschwald

«Circleg»: Die Erfinder der Beinprothese Fabian Engel (l.) und Simon Oschwald.

Quelle: Circleg

Gleichzeitig ist die Nachfrage nach kostengünstigen Prothesen in weniger entwickelten Ländern aufgrund von Verkehrsunfällen, mangelnder medizinischer Versorgung und gewalttätigen Konflikten besonders hoch. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass weltweit 35 Millionen Menschen eine Prothese oder Orthese benötigen.

Beinprothese aus Plastikmüll

Die Idee der Beinprothese aus rezykliertem Plastikmüll war geboren. Bis zur Umsetzung dauerte es drei Monate, in denen sich die beiden Design-Studenten viel Expertenrat einholten: Zum Beispiel vom Zürcher Start-up «Mr Green Africa», das sich in Kenia für Recycling einsetzt, sie sprachen aber auch mit vielen Betroffenen vor Ort, das Know-How für die Prothese selbst holten sie sich von Orthopädie-Technikern in der Schweiz

Deponie in Afrika

Deponie in der Nähe von Nairobi: «Project Circleg» nutzt Kunststoffabfälle für die Produktion der Prothese.

Quelle: Circleg

Die «Circleg»-Prothese ist zwar nicht die erste kostengünstige Beinprothese, aber das Besondere daran ist, dass sie modular aufgebaut ist. Das heisst jedes einzelne Teil kann ausgewechselt werden. Ausserdem hat sie ein Fussgelenk und bietet den Betroffenen somit eine bessere Beweglichkeit. 

Im nächsten Schritt wollen Engel und Oschwald nun eine kleine Serie der Prothese in Kenia fertigen und dort testen lassen. In den kommenden zwei Jahren soll sie marktreif sein und ab 2021 im grossen Stil produziert werden. Und zwar nicht nur in Kenia – als potenzielle Märkte haben die angehenden Jungunternehmer bereits Länder wie Kambodscha, Vietnam und Angola ins Auge gefasst. 

«In vier bis fünf Jahren wollen wir Hubs für Prothesen in verschiedenen Ländern aufbauen. Unser Ziel ist es, dafür mit weiteren Partnern vor Ort zusammenzuarbeiten», sagt Simon Oschwald.

Kenia Circleg

Kenia: In Zusammenarbeit mit Betroffenen entwickelten die Schweizer die Beinprothese.

Quelle: Circleg

Erste Finanzierungsrunde

Noch stehen Oschwald und Engel ganz am Anfang und suchen nun Investoren: In der ersten Finanzierungsrunde versuchen sie, vor allem Schweizer Stiftungen für ihre Idee zu gewinnen. «Wir wollen Förderprogramme in der Schweiz in der Entwicklungsphase nutzen. Die Produktion der Prothesen soll aber vor Ort stattfinden, um die Wertschöpfung in den weniger entwickelten Ländern sicherzustellen».

Neben zwei Studentenpreisen der ZHdK und dem Preis für den besten Business Pitch am Innovators Camp der Universität Zürich haben sie nun auch den James Dyson Award erhalten.

Mit dem Preis will das britische Unternehmen, das vor allem für seine Staubsauger bekannt ist, Ingenieur- und Designstudenten fördern. Die Gewinner bekommen neben einem Preisgeld die Möglichkeit, am internationalen Dyson Award teilzunehmen, der mit 39'000 Franken dotiert ist und für internationale Aufmerksamkeit sorgt.