Sicpa? In der Öffentlichkeit ist das Unternehmen aus Lausanne weitgehend unbekannt. Genauso wie sein Chef, Präsident und Hauptaktionär Philippe Amon. Und doch kommen wir alle fast täglich mit Sicpa in Kontakt. Das Familienunternehmen stellt Spezialtinten für den Druck von Reisepässen und Banknoten her – zum Beispiel für den Franken, den Euro oder den Dollar.

Doch aktuell locken Sicpa nicht Dollarscheine über den Atlantik. Es ist vielmehr das boomende Geschäft mit legalem Gras – ein Markt von 6,7 Milliarden Dollar. Da immer mehr US-Staaten das Geschäft mit Gras – zu medizinischen Zwecken oder ganz – legalisieren wollen, dürfte diese Zahl rasch steigen. Die Experten des Analysehauses Arcview Market Research erwarten ein jährliches Plus von 27 Prozent.

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Überwachen von A bis Z

Beim Marihuana-Geschäft in den USA ist das zweite Standbein von Sicpa gefragt: «Track and Trace» dient der Rückverfolgbarkeit von Produkten. Damit werden einerseits Sicherheit und Qualität des betreffenden Produkts gewährleistet. Andererseits wollen Regierungen den Handel mit gewissen Produkten überwachen, etwa weil sie Steuern darauf erheben. Von Zigaretten, Öl, Alkohol bis zu Halal-Fleisch kennzeichnet Sicpa nach eigenen Angaben weltweit 70 Milliarden Produkte, die für Steuereinnahmen von 40 Milliarden Dollar pro Jahr sorgen.

Gerne möchte Sicpa die hauseigene Technik nun auch für den Marihuana-Handel in den US-Bundesstaaten Kalifornien und Massachusetts empfehlen. In drei Probeläufen konnte sich die Lösung beweisen. Das ist auch nötig, denn nach Information von US-Medien sind noch weitere Anbieter auf die lukrativen Aufträge aus. Ein Entscheid soll gemäss Sicpa im Mai fallen. Bereits ab kommendem Jahr muss es in Kalifornien per Gesetz ein «Track and Trace»-System geben.

Werben um Aufträge

Immerhin ist Sicpa für die kalifornischen Behörden bereits ein Begriff, denn seit 2005 verfolgen die Schweizer im Golden State das Zigarettengeschäft – insgesamt 900 Millionen Päckli pro Jahr. Bei Marihuana wäre das Prinzip gleich: Barcodes versehen jedes Produkt mit einer Nummer. Über eine App und eine Webseite führt diese zu Informationen über Anbauort, Hersteller, Verteiler und Verkäufer. Vom Feld bis ins Geschäft soll der Produktionsweg der Cannabiswaren transparent werden.

Im ersten Pilotprojekt in Humboldt County, das zwischen San Francisco und Portland gelegen ist, wurden rund 800 Kilo Marihuana für den medizinischen Gebrauch mit 30'000 Kennzeichen markiert.

Kalifornien als Mekka des Cannabis

Auch das Amt für Landwirtschaft in Yolo County bei Sacramento hat sich für seinen 30'000-Dollar-Versuch Sicpa als Partner ausgesucht. Erklärtes Ziel der Behörden ist es, das legale Marihuana-Geschäft zu stärken und den Schwarzmarkt einzudämmen. Ein weiteres Pilotprojekt von Sicpa läuft in Massachusetts. Verkäufe von Marihuana zum Freizeitgebrauch sollen dort ab Sommer 2018 erlaubt werden. Allerdings gibt es heftige Widerstände, so dass dieser Zeithorizont alles andere als sicher ist.

Wirtschaftlich gesehen, spreche aber alles für Kalifornien. Julien Zanchi, zuständig für das Produktmanagement bei Sicpa, rechnet gegenüber lokalen Medien damit, dass das dortige «Track and Trace»-System weitaus grösser werde als andernorts. Dies liege an der ausgeprägten Marihuana-Kultur des Golden States. Zwischen 20'000 bis 30'000 Marktteilnehmer könnten daran interessiert sein, ihr Geschäft den staatlichen Normen anzupassen – mit Sicpas Produkt möglicherweise.

Im Rennen um EU-Auftrag

Sicpa steckt seine Fühler aber nicht nur nach dem Marihuanageschäft in den USA aus. Auch in der EU lockt ein grosser Auftrag. Bislang verwenden die Zigarettenproduzenten ein eigenes System, die EU stellt dies nun aber auf den Prüfstand. Bis Ende Jahr sollen Ergebnisse von Machbarkeitsstudien vorliegen – geprüft wird auch Sicpas Technologie.

So auf Sicherheit bedacht die Produkte von Sicpa sind, so geheimnisvoll gibt sich das Unternehmen. Besitzer ist die Familie Amon. Wie «Le Temps» in einem Portrait über die Firma aus dem Waadtland berichtet, übernimmt Philippe Amon in dritter Generation die Rolle des CEOs, VR-Präsidenten und Hauptaktionärs zugleich.