Ohne Gefälligkeiten der Gegenpartei geht Donald Trump (79) keinen Deal ein. Das ist auch bei der Zoll-Einigung der Schweiz mit den USA so. Damit der US-Präsident den 39-Prozent-Zollhammer gegen unser Land auf 15 Prozent senkt, hat die offizielle Schweiz einige Zugeständnisse gemacht. Gross im Fokus waren bislang die 200 Milliarden Dollar, die hiesige Unternehmen bis 2028 in Amerika investieren wollen – darunter sind namhafte Konzerne und bekannte Traditionsunternehmen.
Doch aus dem Statement des Weissen Hauses geht hervor: Trump fordert noch mehr. Unter anderem soll die Schweiz Fleisch aus US-Produktion kaufen. Wirtschaftsminister Guy Parmelin (66) und Staatssekretärin Helene Budliger Artieda (60) bestätigten am Freitag, dass der Bund den USA Zollkontingente auf Fleischprodukte gewährt. Konkret: Für Rindfleisch gelte ein Umfang von 500 Tonnen, für Bisonfleisch 1000 Tonnen und für Geflügelfleisch 1500 Tonnen.
Es geht dabei auch um die umstrittenen Chlorhühner. Dabei werden Hühner nach der Schlachtung in einer verdünnten Chlorlösung desinfiziert, um Keime abzutöten. In der Schweiz ist diese Methode derzeit verboten – und damit auch der Import aus dem Ausland. Es bräuchte also eine Gesetzesänderung. Laut Bundesrat Parmelin werde man mit den USA über die Einfuhr von Chlorhühnern noch sprechen.
US-Fleisch im Schweizer Supermarkt? «Kein Bedarf»
Was bei dieser Debatte entscheidend ist: Natürlich wird nicht der Bund selbst amerikanisches Fleisch kaufen, sondern Schweizer Unternehmen. Schliesslich spielt hier der freie Markt. Aber hat der Detailhandel überhaupt Interesse an Poulet, Rind- oder Bisonfleisch aus den USA?
Die Handelszeitung hat sich bei den Schweizer Supermärkten umgehört. Der Tenor: Auf US-Fleisch ist niemand heiss. Man freue sich, dass sich die Schweiz mit den Amerikanern auf einen Zoll-Deal geeinigt habe, teilt die Migros mit. Aber: «Der Aspekt bezüglich Fleisch aus den USA hat keinerlei Einfluss auf die Beschaffung unseres Sortiments. Wir setzen weiterhin, wo immer möglich, auf Schweizer Fleisch.» Ähnlich klingt es beim grössten Konkurrenten des orangen Riesen, bei Coop: Aktuell bestehe kein Bedarf an US-Fleischprodukten. «Schweizer Fleisch hat bei uns klar Priorität.»
Auch die Discounter, die im hart umkämpften Fleischmarkt besonders preisgetrieben sind, sind nicht heiss auf Poulet, Rindshuft oder Bisonsteak aus Übersee. «Die Aufnahme von Frischfleisch-Produkten aus den USA ist für uns keine Option», sagt Lidl auf Anfrage der Handelszeitung. Aldi teilt mit: «Aktuell sind wir mit unseren Fleischlieferanten und deren Herkünften sehr zufrieden.» Und Denner verkündet: «Wir verfolgen die Entwicklungen aufmerksam, ein Import von Fleischwaren aus den USA ist aber nicht vorgesehen.»
«Niemand hat auf Fleisch aus den USA gewartet»
Alle Detailhändler betonen, dass Fleisch aus Schweizer Produktion bei ihnen Vorrang hat. Schliesslich achtet ein Grossteil der Kunden darauf, woher das Fleisch kommt. Weil die hiesigen Fleischproduzenten die Nachfrage nicht bei allen Sorten decken können, kaufen die Supermärkte teilweise trotzdem im Ausland ein. Bei Rind stammt gut 80 Prozent aus Schweizer Herkunft, bei Poulet sind es knapp 65 Prozent. Rindfleisch kaufen die Händler etwa aus Deutschland ein, Edelstücke kommen teilweise aus Südamerika. Und Import-Geflügel stammt oft aus Brasilien, Ungarn oder ebenfalls aus Deutschland.
Zwar gibt es bereits Fleischimporte der Schweiz aus den USA, diese spielen aber eine Nebenrolle. Das dürfte sich künftig auch nicht ändern, meint Philippe Häberli vom Branchenverband Proviande. «Niemand hat auf Fleisch aus den USA gewartet.» Der Branchenkenner nennt dafür zweierlei Gründe: «Zum einen ist Rindfleisch aus den USA keinesfalls billig. Der teure Einkaufspreis schlägt sich dann in den Verkaufsregalen oder auf dem Menü nieder.» Zum anderen sei US-Fleisch deutlich stärker mit Hormonen belastet. Die Hormonkonzentration müsse beim Verkauf entsprechend gekennzeichnet werden. «Umfragen zeigen, dass dies Schweizer Kunden eher abschreckt. Viel eher wird beim Fleischkauf auf Lokalität und Tierwohl geachtet», so Häberli.


