Jeder Handgriff sitzt, wenn die 250 Beschäftigten beim Schweizer Uhrenhersteller Zenith die Tausende Euro teuren Zeitmesser zusammensetzen. Bis eine der Nobeluhren fertig ist, vergehen neun Monate oder 2500 Arbeitschritte, bei denen vom Zulieferer bis zum Hersteller 300 Fachkräfte teils unter der Lupe an dem Stück arbeiten. Es ist Haute-Couture fürs Handgelenk.

Zenith gehört zum Luxusgüterkonzerns LVMH. Aber auch andere Uhrenbauer wie Swatch oder Richemont schätzen die jahrhundertealte Handwerkskunst der Zulieferbetriebe in den Westschweizer Kleinstädten Le Locle und La Chaux-de-Fonds: Sie lassen dort unter anderem Ziffernblätter für Uhren der Marken Omega oder Cartier fertigen, die später der Stolz ihrer Besitzer auf der ganzen Welt sind.

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Absatzkrise trifft auch die Zulieferer

Doch die Absatzkrise vieler Luxusuhrenhersteller trifft auch die Zulieferer in den beiden Städtchen, die wegen ihres auf die Uhrenindustrie ausgerichteten, gut erhaltenen Stadtbilds zum Unesco-Weltkulturerbe zählen. Die grossen Konzerne verkaufen weniger der teuren Uhren, da die Konjunktur in China einen Durchhänger hat und nach Anschlägen wie in Paris weniger Touristen nach Europa kommen.

Im Vorjahr musste die Schweizer Uhrenindustrie den ersten Umsatzrückgang seit dem Krisenjahr 2009 hinnehmen. Der Wert ihrer Exporte schrumpfte um rund drei Prozent auf 21,5 Milliarden Franken. Um die Einbrüche abzufedern, versuchen die Konzerne ihre Kosten zu senken. Auch indem sie weniger Aufträge fremd vergeben, um verstärkt eigene Kapazitäten auszulasten und die Preise bei den Lieferanten drücken.

Ziffernblatt-Hersteller wie die Firma Metalem aus Le Locle mit rund 250 Angestellten mussten deswegen geringere Renditen in Kauf nehmen, sagt Co-Eigentümer Alain Marietta. «Einige Marken haben von uns Preissenkungen von 15 Prozent verlangt.» Er und seine Kollegen bei anderen Zulieferern müssten darum kämpfen, dieses Jahr nicht in die Verlustzone zu rutschen. Er erwartet 2016 einen Umsatzrückgang von zehn Prozent - ähnlich wie im Vorjahr.

Kurzarbeit allein reicht nicht

Den Sparzwang bekommen auch die Beschäftigten zu spüren. Im zweiten Halbjahr müsse Metalem voraussichtlich Kurzarbeit einführen, sagt Marietta. Das haben schon andere Zulieferer wie die Firma Horlyne gemacht, die kunstvoll verzierte Uhrwerkskomponenten herstellt und dafür sowohl jahrhundertealte Maschinen wie auch neueste Lasertechnik verwendet.

Doch Kurzarbeit allein reicht nicht, um den Absatzeinbruch aufzufangen: Nach Angaben des Arbeitnehmerverbands der Schweizer Uhrenindustrie sind in der Branche innerhalb eines Jahres 1000 von insgesamt 59'000 Arbeitsplätzen durch Kündigungen weggefallen. Mit nicht erneuerten Zeitarbeitsverträgen und anderweitig nicht ersetzten Arbeitskräften ist die Zahl noch höher.

Kniepige Kunden

Als einen Grund für die Krise bei den Zulieferern sehen Branchenvertreter auch den Trend hin zu immer niedrigeren Preisen für Luxusuhren. Denn die Kunden wollen nicht auf das Statussymbol verzichten, dafür aber immer weniger Geld ausgeben. Doch um die noblen Zeitmesser günstiger anbieten zu können, setzen viele Hersteller bei ihren Zulieferern den Rotstift an.

Umso wichtiger sind für die meist kleinen inhabergeführten Firmen ihre langjährigen Beziehungen zu Grosskunden, um trotzdem an gute Aufträge zu kommen. Die Konzerne wiederum bemühen sich, die enge Verzahnung mit ihren Lieferanten auch in schlechten Zeiten zu erhalten, sagt Zenith-Chef Aldo Magada. «Wir sitzen definitiv alle im selben Boot.»

(reuters/ccr)

Sehen Sie in der Bildergalerie das «Who is who» der Schweizer Uhrenbranche: