Die Schweizerische Nationalbank(SNB) hat Spielraum für umfangreiche Währungsankäufe am Devisenmarkt, sollte sich das zur Schwächung des Franken als notwendig erweisen. Das ergibt die Auswertung einer Bloomberg-Umfrage unter Volkswirten, die die Glaubwürdigkeit der Notenbank vorerst nicht gefährdet sehen.

Die Schweiz macht sich auf weitere geldpolitische Anreize der Europäischen Zentralbank gefasst, die den Euro schwächen könnten. Die SNB hat bereits Hunderte Milliarden von Franken für Interventionen am Devisenmarkt ausgegeben. Analysten fragen sich, über wie viel Munition sie noch verfügt und wie stark ihre Bereitschaft ist, grössere finanzielle Risiken einzugehen.

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Spielraum von rund 165 Milliarden Franken

Ergebnis der Umfrage von Bloomberg ist, dass die SNB ihre Bilanz auf 120 Prozent der Schweizer Wirtschaftsleistung ausweiten könnte, ohne dass ihre Bereitschaft zu handeln in Frage gestellt würde. Die Zahl, die sich aus dem Median von 13 Schätzungen ergibt, würde der SNB einen Spielraum von rund 165 Milliarden Franken geben.

«Eine Ausweitung der Bilanz mit dem derzeitigen Tempo sollte keine Bedrohung für die Glaubwürdigkeit der SNB darstellen», sagte Markus Schmieder, Ökonom bei Wellershoff & Partners Ltd. in Zürich. Allerdings könne eine Ausweitung der quantitativen geldpolitischen Lockerung (QE) der Europäischen Zentralbank den Aufwertungsdruck auf den Franken erhöhen und zu einer schnelleren Bilanzausweitung führen.

Gewachsene Bilanz

Die Glaubwürdigkeit der SNB geriet dieses Jahr unter Druck, als sie ihren Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro aufgab - wenige Tage nachdem ein Mitglied des SNB-Direktoriums die Politik bekräftigt hatte. Die Nationalbank begründete ihre Entscheidung damit, dass immer grössere Interventionen erforderlich würden sowie damit, dass die Risiken des Mindeskurses nicht mehr im Verhältnis zum Nutzen für die Wirtschaft stünden.

Die Bilanz der Nationalbank ist dieses Jahr um neun Prozent gewachsen und belief sich zum 30. September auf 614 Milliarden Franken. Das entspricht 95 Prozent des Schweizer Bruttoinlandsprodukts. Seit Jahresanfang 2008 ist die Bilanz fast um das Fünffache ausgeweitet worden.

An Glaubwürdigkeit wieder gewonnen

«Nach ihren Eskapaden zu Anfang des Jahres, mit denen sie alle überrumpelt hat, sieht es so aus, als ob sie bei den meisten Investoren ihre Glaubwürdigkeit wiedergewonnen hat», sagte Alan McQuaid, Chefökonom bei Merrion Capital in Dublin.

Das spiegelt sich auch im Wechselkurs wider: Der Franken ist seit Anfang August schwächer als 1,06 je Euro gehandelt worden und rutschte im September auf 1,10 Franken je Euro. Am Mittwoch Vormittag sank die Schweizer Devise um 0,1 Prozent auf 1,0809 zum Euro.

Die SNB verfügte per Oktober über Fremdwährungsreserven von 551 Milliarden Franken, die überwiegend auf Euro und Dollar lauteten. Darüber hinaus umfassen die Reserven auch Gold und in Franken denominierte Wertpapiere. Die Zentralbank leistet üblicherweise eine jährliche Zahlung an die Kantonsregierungen, die das Geld für Investitionen benötigen. Die Nationalbank warnte inzwischen, die Zahlungen könnten ausfallen, wenn sie einen Verlust erleiden sollte.

Politischer Gegenwind

«Es ist nicht so, als hätte die SNB Angst, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren, wenn die Bilanz auf 100 Prozent vom BIP anwächst, aber der politische Gegenwind würde mit Sicherheit stärker», sagte Roland Kläger, Volkswirt bei Raiffeisen Schweiz.

Der starke Franken hat Belastungen für die Schweizer Wirtschaft gebracht. Die Zentralbank sagt für dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum von weniger als einem Prozent voraus. Die Verbraucherpreise dürften 2015 und 2016 sinken, und die Jahresinflationsrate wird wohl erst im darauffolgenden Jahr positiv werden. Die SNB gibt auf ihrer nächsten Sitzung am 10. Dezember eine neue Prognose für die Inflation bekannt sowie einen ersten Ausblick für das Wachstum 2016.

An der Stelle des Mindestkurses hat die SNB einen negativen Einlagensatz eingeführt. Er soll Investoren davon abhalten, Franken zu horten. Der Zins, der derzeit bei minus 0,75 Prozent liegt, könnte der Umfrage zufolge weiter gesenkt werden bis auf minus 1,25 Prozent.

(bloomberg/ccr)