Der Versicherungskonzern Bâloise hat heute einen ausserordentlichen Gewinn angekündigt. Im ersten Halbjahr könne die Basler Versicherung voraussichtlich «deutlich über 300 Millionen Franken» ausweisen, so die Mitteilung. Vergangenes Jahr waren es 270 Millionen Franken.

Auslöser für die Vorab-Meldung zum Halbjahresabschluss, der erst im August publiziert wird, ist die Unternehmenssteuerreform. Oder genauer genommen: Die kantonale Umsetzung der Reform. «Relevant war die Annahme der Abstimmung im Kanton Basel-Stadt», sagt Bâloise-Sprecher Roberto Brunazzi. Bâloise erzielt einen grossen Teil der steuerlich relevanten Gewinne in Basel.

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Zum Gewinn kommt es, weil die Reform für die Bâloise zu einer sinkenden Steuerbelastung führen wird. Das wiederum erlaubt das Korrigieren bereits verbuchter Steueraufwände, wie Brunazzi erklärt. Er betont aber: «Dieser Effekt ist rein buchhalterisch.» Gegenläufige Effekte, welche auf den Gewinn drücken, gebe nicht.

Viel Arbeit bei den Steuerfachleuten

Die Steuerreform hat bei Steuerberatern und in den Finanzabteilungen in den letzten Monaten für viel Arbeit gesorgt. Kritisch ist vor allem die Frage, ab wann das neue Steuerregime buchhalterisch umgesetzt werden muss. Denn lange waren die Massnahmen bloss politisch angekündigt. Erst vor wenigen Tagen hat der Verband Expertsuisse ein Q&A zur Frage publiziert, wie die Unternehmen mit der Steuerreform umgehen sollen. 

Ein Problem: Steuern müssen gemäss Buchführungsregeln wie IFRS nicht erst dann verbucht werden, wenn sie vom Staat eingefordert werden, sondern bereits, wenn die Gewinne anfallen. Das heisst aber auch, dass die Unternehmen unterjährig abschätzen müssen, welche Steuern der Staat dereinst einfordern wird. Ändern sich diese Annahmen, müssen die bereits verbuchten Steuern korrigiert werden.

Armin Marti, Leiter Steuerpolitik bei PWC, verweist auf die nationale Abstimmung zur Steuervorlage am 19. Mai als auslösendes Element. Er geht davon aus, dass sich in allen Abschlüssen, die danach erstellt wurden, erste Anmerkungen zur Auswirkung der Steuerreform finden sollten. 

Erst sieben Kantone haben Bestimmungen erlassen

Komplex wurde die Sache, weil die Firmen auch die jeweiligen kantonalen Steuerreformen berücksichtigen müssen. Konkret abschätzen lassen sich die finanziellen Auswirkungen nämlich erst, wenn klar ist, wie die Kantone auf die Steuerreform reagieren. Erst sieben Kantone haben dies bisher beschlossen – darunter Basel-Stadt, Genf und in Teilbereichen Waadt. Buchungen müssten gemäss IFRS dann vorgenommen werden, wenn die Steuerreform «substantially enacted» sei, so Marti.

In Basel wurde ein entsprechendes Gesetz Anfang Jahr in einem Referendum bestätigt. Es ist daher davon auszugehen, dass auch andere grosse Basler Unternehmen nun entsprechende Erträge verbuchen können. Die Pharmaunternehmen Roche und Novartis wollten Fragen dazu mit Blick auf die bald zu publizierenden Halbjahresabschlüsse jedoch nicht beantworten.

Michael Heim Handelszeitung
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