Die Swiss-American Chamber of Commerce ist die «Herzkammer der Wirtschaft», titelte BILANZ im vergangenen Oktober, «der Club der Bosse», dem hierzulande jeder neue CEO seine Aufwartung zu machen habe. Mitte Januar war es der Deutsche Christoph Franz, seit sechs Monaten Swiss-Chef, der an einem Mittwoch im Zürcher «Widder»-Saal der helvetischen Wirtschaftsprominenz die Reverenz erwies.

Was der Neue im Cockpit der nationalen Airline mitzuteilen hatte, «sei nicht sexy», sagte er: Die Swiss müsse in Basel und Genf Verluste stopfen, Flotte und Flugzeugtypen reduzieren und Personal abbauen. «Wir werden Mitarbeiter bitten müssen zu gehen oder allenfalls auch Löhne reduzieren und Mehrarbeit verlangen.» Ungeschminkte Voten des Captains der Swiss.

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«Er wirkte überzeugend, glaubwürdig und ehrlich», kommentierte Alain Bandle, Schweizer Dell-Chef und Verwaltungsrat der Austrian Airlines (AUA), «besser jedenfalls als bei seinen ersten Medienauftritten.» Vermisst hat der AUA-Mann jedoch eine klare strategische Ausrichtung, und die Frage eines Allianzbeitrittes der Swiss sei kein Thema gewesen. Die Swiss sei zurzeit nicht allianzfähig, meinte Franz, von Bandle darauf angesprochen, sie müsse profitabel sein, um bei allfälligen Verhandlungen ein Gewicht zu haben.

Gefragt wurde der Swiss-Chef auch, warum die Airline keinen täglichen Flug Zürich–Los Angeles anbiete. Der Angesprochene nahm es mit Humor: Dafür bräuchte er noch ein paar Flieger, und das koste Geld, das er nicht habe. «Ist jemand von einer Bank hier?», gab er den Ball rhetorisch weiter. Doch Hans-Ulrich Doerig, VR-Vize bei der Credit Suisse Group, fühlte sich als karitativer Flugzeugsponsor offensichtlich genauso wenig angesprochen wie VR-Kollege Peter Weibel. Immerhin stellte Weibel nach der Rede fest, «dass endlich umgesetzt wird, was seit langem als Problemfelder erkannt ist» und «dass Franz nüchterner agiert als sein Vorgänger André Dosé und weniger Beisshemmung hat». Schliesslich habe man sich wegen irgendwelcher Bindungen lange genug im Kreis gedreht. Jetzt müssten endlich die Finanzlöcher gestopft werden, bevor eine Kapitalerhöhung überhaupt ins Auge gefasst werden könne. Der Bund werde dafür kaum zu haben sein, vermutet Weibel: «Franz muss also die privaten Investoren überzeugen.»

Unauffällig sass auch Christoph Frick, Präsident der Swiss Pilots Association, an einem der Tische. «Ich habe nichts Neues gehört», meinte er, die Ausführungen seien «oberflächlich, taktisch, aber wenig strategisch» gewesen. Insgesamt waren die Reaktionen auf Franz, dem die meisten Zuhörer aus dem Schweizer Wirtschaftsestablishment zum ersten Mal begegneten, weitgehend positiv. «Statt den optimistischen Marketing-Reden von Mario Corti und André Dosé haben wir erstmals eine nüchterne, realistische Einschätzung der Lage bekommen», urteilte Martin Naville, CEO der Swiss-American Chamber.