Es kommt selten vor, dass ein CEO den Bettel einfach hinschmeisst. Umso weniger, wenn er Chef eines Grossunternehmens wie der Swiss Re ist, wo überraschende Führungswechsel bei den Aktionären nicht gut ankommen. Nur wenige Tag vor Bekanntgabe seines Rücktritts habe Stefan Lippe VR-Präsident Walter Kielholz informiert, daher habe man noch keinen Nachfolger parat, heisst es bei der Swiss Re.

Der 56-jährige Lippe wolle sich im Laufe des Jahres 2012 frühzeitig pensionieren lassen, der Verwaltungsrat bedaure den Entscheid sehr, so Kielholz im Communiqué.

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Gut möglich, dass es noch andere Hintergründe für den Rücktritt des Chefs gab. Es habe zunehmend zermürbende Diskussionen mit dem Verwaltungsrat unter Kielholz gegeben, erzählen Insider. Begonnen habe es nach Einführung der Holdingstruktur in diesem Jahr. Lippe, seit 2009 CEO, gab damit die operative Verantwortung grösstenteils an seine drei Divisionsleiter ab, allen voran an Christian Mumenthaler, Chef des Rückversicherungsgeschäfts, des Herzstücks im Unternehmen.

«Nicht mehr rundum happy»

Als Chef der Dachgesellschaft war Lippe mit einem Mal weit weg vom Geschäft. Obwohl das Holding-Konstrukt von ihm selber gepusht worden war, habe er sich in seiner neuen Rolle nie richtig zurechtgefunden und zunehmend demotiviert gewirkt. Einerseits habe Lippe die Zügel operativ aus der Hand gegeben, dafür habe er sich mit seiner strategischen Planung in den Verantwortungsbereich des Verwaltungsrats ausgedehnt.

Dort wiederum sitzt mit Präsident Kielholz ein Branchenprofi, der früher selber CEO war und sich ungern dreinreden lässt. In der Folge stieg die Unzufriedenheit, man sei «nicht mehr rundum happy» gewesen, heisst es aus dem Umfeld des Verwaltungsrates.

Nun werden mögliche Nachfolger in Stellung gebracht, allen voran Spartenchef Mumenthaler. Möglicherweise ist der Job für ihn aber gar nicht so attraktiv. Dass er sich zu einem Wechsel vom Kerngeschäft auf den Holdingsessel wird bewegen lassen, ist fraglich, würde er sich damit doch in dieselbe ungemütliche Lage bringen wie sein Vorgänger. 

Erik Nolmans
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