Eine Toilette? Eine Verrichtungsbox? Ein Datenspeicher? Die Verwirrung war gross zu Jahresbeginn, als die Swisscom in den Bahnhöfen Bern, Basel und Luzern die Telefonkabine der Zukunft testete: Kästen namens «Open WorkBox», die mit eingebautem Internet-Terminal, W-LAN, Drucker, Kopierer und Videokonferenzsystem den «mobilen Wissensarbeitern» unserer Zeit auf Mietbasis einen kurzen Moment der privaten Arbeitszeit gestatten sollten. Ein temporär zu benutzendes klimatisiertes Mini-Büro mitten im Pendlerstrom. Damit schuf Swisscom ein Angebot, das vermeintlich perfekt zum herrschenden Zeitgeist der «Airportisierung des Lebens» passte: Alle sind ständig unterwegs, wollen Gespräche und Geschäfte «on the move» tätigen und brauchen dafür auch mal ein Quentchen Privatsphäre.

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Ende März endete die Open-WorkBox-Pilotphase, «mit grossem Erfolg», wie Swisscom damals meldete. Nach dem Testbetrieb wollte die Firma über einen flächendeckenden Einsatz für ihr «weltweit neuartiges Konzept» entscheiden, das auch Flughäfen, Spitäler oder Shoppingcenter berücksichtigen sollte.

Doch daraus wird nichts, wie Recherchen der BILANZ ergeben. Zwar passt die Idee perfekt zur hektischen Zeit, doch sie lässt sich offenbar nicht finanzieren. Ein halbes Jahr nach Beendigung der Testphase ist beim Telekomkonzern Ernüchterung eingetreten: «Das Thema Open WorkBox wird nicht mehr weiterverfolgt», bestätigt Swisscom-Sprecher Olaf Schulze. Dies vor allem deshalb, weil die Mieten an attraktiven Standorten wie Bahnhöfen oder Flughäfen zu hoch seien und man die Arbeitsstationen nicht hätte rentabilisieren können. Offenbar gelang es noch nicht, einem existierenden Trend den nötigen Ertragsstrom zu entziehen, zwischenbilanziert man bei Swisscom: «Das Kundenbedürfnis ist zwar da, doch wir konnten daraus kein Geschäftsmodell machen.»

Andreas Güntert
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