BILANZ: Bei den Maschinenherstellern brechen Ertrag und Auftragsbestand ein. Wie schlimm steht es um die Branche?

Johann Schneider-Ammann: Es zeigt sich ein uneinheitliches Bild. Es gibt Subbranchen, die den weltweiten Abschwung nur wenig spüren. Andere Bereiche werden hart getroffen, besonders die Textilmaschinenproduzenten. Dieser Zweig steckt in der schlimmsten Krise der letzten Jahrzehnte.

Viele Firmen reagieren mit dem Abbau von Arbeitsplätzen. Lässt sich ein Trend zur Verlagerung ins Ausland feststellen?

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Heute werden Vor- und Nachteile einer Auslagerung eingehender analysiert als früher. Denn manchmal wurden solche Entscheide überhastet getroffen. Nicht wenige Unternehmen haben ihre ausgelagerten Aktivitäten wieder in die Schweiz zurückgeholt. Lohnkosten sind nur ein Kriterium, Steuern, soziale Stabilität oder die Qualität der Arbeitnehmer sind andere. Gerade in dieser Hinsicht hat unser Land viel zu bieten.

Dennoch wird abgebaut. Wie viele Arbeitsplätze sind bei den Firmen Ihres Verbands in Gefahr?

Die Swissmem-Unternehmen haben in den letzten sieben Jahren 50  000 Arbeitsplätze geschaffen. Davon ist ein beträchtlicher Teil gefährdet. Im allerschlimmsten Fall müssen wir die Hälfte dieser Arbeitsplätze wieder aufgeben.

In der letzten Krise hat die Branche einige Probleme selbst verschuldet. Und heute?

Diesmal sind die Probleme nicht hausgemacht. Die Rezession ist definitiv importiert. Die Unternehmer haben aber aus der Krise von 2002 gelernt und ihre Hausaufgaben gemacht.

Schweizer Textilmaschinen sind teuer. Werden die Kunden auch künftig Höchstpreise bezahlen?

Niemand bezahlt einen hohen Preis, wenn er das Gleiche für weniger Geld erhält. Aber Schweizer Produkte zeichnen sich aus durch Präzision, Langlebigkeit oder Service. Und diese Leistungen kosten.

Steht die Branche vor einer Konsolidierungswelle?

Grösse war noch nie ein Rezept. Vereinzelte Übernahmen will ich nicht ausschliessen, eine Konsolidierungswelle erwarte ich nicht.

Wäre das Wehklagen gross, falls Firmen wie Rieter oder GF ins Ausland verkauft würden?

Entscheidend ist nicht die Nationalität eines Unternehmers, sondern sein Anspruch. Für mich ist ausschlaggebend, ob ein Unternehmer an den Werk- und Denkplatz Schweiz glaubt und deshalb hier die Arbeits- und Forschungsplätze erhalten will.

Wann kommen die Maschinenfirmen aus dem Tal der Tränen?

Wir befinden uns in einem Blindflug. Solange sich die grossen Absatzmärkte nicht stabilisieren, kriegt auch unsere Wirtschaft keinen festen Boden unter die Füsse.

Dirk Ruschmann
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