Schlappe für den Wahltessiner Techniktüftler Günter Kiss: Seine Müllentsorgungsfirma Thermoselect in Liechtenstein mit Betriebszentrale in Locarno TI büsst bald schon ihr einziges Vorzeigeobjekt in Europa ein: Die Hochtemperatur-Müllöfen im Karlsruher Rheinhafen werden abgeschaltet. Umgerechnet knapp 700 Millionen Franken hat Deutschlands drittgrösster Energiekonzern, die Energiewerke Baden-Württemberg AG (EnBW), zwar bereits in die nach dem Konzept von Kiss errichtete Anlage in Baden investiert. Doch der vor knapp einem Jahr berufene EnBW-Vorstandschef Utz Claassen setzt – anders als sein Vorgänger Gerhard Goll – auf konkurrierende Technik, eine mechanisch-biologische Abfallentsorgung.

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Claassen sagt jedoch die halbe Wahrheit, wenn er mit dem bevorstehende Aus «kein Werturteil über die Technologie an sich oder über die Partner» abgeben will. Der wahre Hintergrund ist peinlich: Deutsche Müllentsorger haben in den Neunzigerjahren landesweit gigantische Überkapazitäten an Müllverbrennungsöfen gebaut. Schon 2002 mussten die Betreiber 2,6 Millionen Tonnen Kehricht aus Nachbarländern nach Deutschland importieren, um angeheizte Müllöfen kostendeckend befeuern zu können. Das Abschalten der Thermoselect-Anlage in Karlsruhe mit einem Verarbeitungsvolumen von 225 000 Jahrestonnen verringert diese Überkapazitäten folglich um knapp zehn Prozent.

Dass die EnBW womöglich gültige Verträge mit der Thermoselect Holding im liechtensteinischen Vaduz und deren Tessiner Tochterfirma bricht, kümmert den baden-württembergischen Energieriesen (10,6 Milliarden Euro Umsatz) nicht. Mit dubiosen Tricksereien haben EnBW-Manager seit Jahren schon Kontrakte mit Thermoselect auszuhebeln versucht.

In Fernost funktioniert die Tessiner Technik indes reibungslos. Zwei thermische Müllöfen beseitigen in Japan Müll, vier weitere Thermoselect-Öfen werden gerade gebaut. WP