Federico Ghizzoni hat vor der Talfahrt der Unicredit kapituliert und seinen Rücktritt vom Chefposten bekannt gegeben. Mit dem Schritt steht allerdings die Frage im Raum: Wer wird sein Nachfolger an der Spitze der italienischen Grossbank?

In dem Zusammenhang fallen gleich mehrere Namen. Der aktuelle Leiter des Italiengeschäftes der Bank of America, Marco Morelli, wird als Kandidat gehandelt. Weitere Anwärter könnten laut Medienberichten Flavio Valeri, Leiter des Italiengeschäfts der Deutschen Bank, oder Jean-Pierre Mustier, früherer Leiter des Investmentbanking bei Unicredit, sein.

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«Natürlich möchte ich das»

Oder aber Ghizzoni übergibt den Staffelstab an einen Top-Banker der UBS. Ein Medienbericht nennt sogar Bankenchef Sergio Ermotti selbst als möglichen neuen Unicredit-Lenker. Dieser betont stets sein Bekenntnis zum Posten bei der grössten Schweizer Bank.

Es gibt aber einen weiteren UBS-Spitzenmann, der auf dem Chefsessel der Unicredit Platz nehmen könnte: Andrea Orcel, Leiter des Investmentbanking. Der überaus ehrgeizige Italiener hatte seine Lust auf eine Stellung als Banken-CEO im vergangenen Jahr bereits freimütig gegenüber der «Financial Times» bekannt. Möchten Sie gerne selbst eine Bank leiten?, lautete die Frage. «Natürlich möchte ich das», hatte Orcel geantwortet.

Die erfolgreiche Erneuerung des Investmentbanking, das Orcel seit 2012 bei der UBS leitet, ist dafür sicher eine gute Empfehlung. Im «Bilanz»-Ranking der 100 wichtigsten Banker rangiert Orcel auf Platz elf, auf Augenhöhe mit dem bisherigen Schweiz-Chef der UBS, Lukas Gähwiler. Andrea Orcel gilt als einer der Anwärter auf Ermottis Erbe an der Spitze der UBS. Allerdings hat dieser mit dem bisherigen Commerzbank-Chef Martin Blessing einen weiteren starken Konkurrenten ins Haus geholt.

Orcel wird die nötige Tatkraft zugetraut

Branchenexperten hatten Orcel bereits mehrfach mit dem Chefposten der Unicredit in Verbindung gebracht. Ihm wird die Tatkraft zugetraut, die notwendige Restrukturierung bei dem Geldhaus anzugehen. Auf den künftigen Unicredit-Chef warten happige Aufgaben: Ghizzonis Rückhalt als Bankenchef bei den Investoren war seit dem Herbst geschwunden, weil ihnen seine Strategie nicht ambitioniert genug erschien, um den Status der Unicredit als eine der am schwächsten kapitalisierten Banken Europas abzuschütteln.

«Das Management war nicht in der Lage, die Probleme bei Kapital und Profitabilität anzugehen», sagte Massimiliano Romano, Analyst bei Concentric Italy. «Der nächste CEO von Unicredit muss zunächst drastische Massnahmen ergreifen, darunter eine Kapitalerhöhung und den Verkauf von Vermögenswerten.»

Kapitalerhöhung ausgeschlossen

Ghizzoni hatte wiederholt eine Kapitalerhöhung ausgeschlossen. Stattdessen setzte er auf die Verbesserung des Gewinns und Aktiva-Verkäufe. Der letzte Geschäftsplan sah vor, dass Tausende von Stellen gestrichen werden. Zudem wurde das Gewinnziel für das Jahr 2018 von 6,6  Milliarden Euro auf 5,3 Milliarden Euro zurückgeschraubt.

Die harte Kernkapitalquote von Unicredit hat sich von 10,7 Prozent Ende Dezember auf 10,5 Prozent Ende März verschlechtert. Der Aktienkurs des Geldhauses hat seit dem Antritt von Ghizzoni als Bankenchef im Jahr 2010 rund 75 Prozent verloren. Dieser will nun noch sein Amt ausüben, bis sein Nachfolger feststeht. Diese Entscheidung könnte laut «Manager Magazin» am 9. Juni fallen, bei der nächsten Verwaltungsratssitzung.

(me, mit Material von Bloomberg)

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