Herr Baur, bis Ende 2028 fallen 170 Poststellen weg. In welchen Gebieten erfolgt der Kahlschlag?

Thomas Baur: Es ist kein Kahlschlag. Die Poststellen fallen nicht weg. Wir schliessen nicht einfach eine Poststelle und hinterlassen eine Wüste. Die Poststelle bleibt im Dorf, aber wir wandeln sie um. Wir haben ein Netz mit rund 2000 Zugangspunkten, davon sind schon heute über 1200 sogenannte Filialen mit Partnern.

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Also zum Beispiel im Dorfladen oder mit einem Hausservice?

Genau. Diese Formate kommen bei der Bevölkerung sehr gut an und sind akzeptiert. Es gibt kaum Klagen über fehlende Dienstleistungen. Wir werden uns auch weiterhin an die gesetzlichen Vorgaben für die Erreichbarkeit unserer Zugangspunkte halten. Schon heute übertreffen wir die Ziele – das soll auch so bleiben.

Trifft der Umbau eher Städte, wo rascher eine Poststelle erreichbar ist? Oder doch Bergregionen?

Es trifft Gemeinden über die ganze Schweiz hinweg. Einzelne Gebiete werden stärker betroffen sein als andere, das muss die definitive Analyse zeigen. Danach werden wir mit den betroffenen Kantonen und Gemeinden das Gespräch aufnehmen, um passende Lösungen zu finden.

Selbst wenn eine Postagentur bleibt, droht nicht später eine Ausdünnung, wenn sie nicht rentiert?

Das ist überhaupt nicht unsere Strategie. Wir sprechen von einem stabilen Netz von 2000 Filialen. Daran halten wir fest. Es ändert sich einzig, ob wir eine Filiale selbst betreiben oder mit Partnern. Das Poststellennetz ist übrigens mit rund 100 Millionen Franken Verlust pro Jahr jetzt schon hochdefizitär.

2020 sprach Postchef Roberto Cirillo (52) im Blick von einem stabilen Netz von 800 eigenen Poststellen. Jetzt sollen es nur noch 600 sein. Damit bricht die Post ein Versprechen.

Das sehen wir nicht so. In der Strategieperiode bis 2024 haben wir die Zahl stabil gehalten, obwohl es mit der Corona-Pandemie einen massiven Umbruch gab. Im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit hatten wir 2023 gut ein Drittel weniger Kunden. Die Einzahlungen am Schalter nehmen jährlich um rund 20 Prozent ab. Der Briefverkehr hat ebenfalls massiv abgenommen. Eigentlich hätten wir schon längst reagieren müssen, trotzdem haben wir an unserem Versprechen festgehalten. Mit der neuen Strategie 2025 bis 2028 müssen wir handeln. Und Sie dürfen nicht vergessen, dass wir auch 100 Millionen Franken ins Postnetz investieren werden.

Was spart man mit der Schliessung der 170 eigenen Poststellen?

Unter dem Strich sparen wir ungefähr 30 Millionen Franken ein.

Die Post liefert dem Bund jährlich Dividenden von 50 Millionen Franken ab. Wenn Sie weniger abliefern, könnten Sie auf den Umbau verzichten.

Die zentrale Frage ist nicht, was wir einsparen oder dem Bund abliefern. Matchentscheidend ist, wie sich die Kunden verhalten. Es macht keinen Sinn, Filialen aufrechtzuerhalten, die von immer weniger Kunden frequentiert werden. Dann würde der Staat einfach zahlen – und trotzdem geht fast niemand hin. Wenn sich das Kundenverhalten derart verändert, müssen wir reagieren.

Das bedeutet auch einen Personalabbau. Wie viele Stellen sind betroffen?

Bis ins Jahr 2028 benötigen wir aufgrund des Rückgangs des Schaltergeschäfts und des Umbaus etwa 680 Vollzeitstellen weniger. Im Gegenzug müssen wir wegen Pensionierungen und sonstigen Abgängen bis dahin im ganzen Netz ungefähr 1380 Stellen neu besetzen. Unter dem Strich suchen wir also immer noch 700 neue Leute.

In der Politik gibt es einen Aufschrei. Verstehen Sie das?

Corona hat grosse gesellschaftliche Veränderungen mit sich gebracht. Von daher ist es für mich persönlich nicht nachvollziehbar, wenn man erwartet, dass sich nichts ändern soll. Notabene bieten wir ja auch eine gute Alternative an. Entscheidend ist, dass auch mit dem Umbau ein guter Service erhalten bleibt.

Dieses Interview erschien zuerst bei Blick.ch unter dem Titel «‹Bis 2028 benötigen wir etwa 680 Vollzeitstellen weniger›».