Dass sich die Effizienz in Organisationen langfristig steigern lässt, wenn Führungskräfte ihren Mitarbeitern mit Humor begegnen, ist inzwischen wissenschaftlich belegt. Genauso die positive Wirkung von Humor bei Stress. Ausgehend von den USA, setzt sich nun auch bei uns wenn auch zögerlich die Einsicht durch, dass Humor in der Führung Klima und Kreativität fördern.
Jeder und jede kennt es aus eigener Erfahrung: Mit einer gesunden Portion Humor läufts im Arbeitsalltag runder. Der Psychologe und Theologe Thomas Holtbernd hat in Deutschland die Auswirkungen von Humor auf die Unternehmenswelt untersucht und im Buch «Führungsfaktor Humor» publiziert. «Humor ist die sanfte Methode, um anderen Wahrheiten zu sagen, durch Selbstironie das Selbstbewusstsein zu stärken und so Emotionalität und Sachlichkeit miteinander zu vereinbaren», schreibt Holtbernd und betont, dass Disziplin und Humor keine Gegensätze seien, sondern Letzterer vielmehr Voraussetzung für Disziplin ist.
Laut seinen Studien schätzen 69% der Befragten verschiedener Hierarchiestufen Humor im Arbeitsalltag als wichtig ein und glauben, dass er der Karriere förderlich ist. Nur 4% verneinten diesen positiven Einfluss.
Humor als Kompetenz
In den USA, wo grosse Universitäten wie jene in Berkley oder Stanford sich seit Jahren Lehrstühle für Gelotologie (Lachforschung) leisten, wird Humor längst als «emotionale Intelligenzkomponente» betrachtet und in Rekrutierungsgesprächen zum Thema gemacht.
«Humor wird auch bei uns zunehmend als Kompetenz erkannt, die sich in einer empathischen Einstellung gegenüber den Mitarbeitern zeigt. Das bewusste Erleben und Umsetzen der persönlichen Humorressourcen ermöglicht, den eigenen Berufsalltag aus anderem Blickwinkel zu betrachten», sagt Udo Berenbrinker.
Gemeinsam mit Partnerin Jenny Karpawitz bietet er im Tamala-Center in Konstanz neben der Clownakademie auch Humor-Kurse für Führungskräfte an. «Von der Figur des Clowns können Führungskräfte viel lernen», ist er überzeugt. Dazu gehören clowneske Stilmittel wie die bewusste Übertreibung, die Fähigkeit zum bewussten Perspektivenwechsel oder Wissen aus der Kommunikationstheorie, etwa, dass 80% der Kommunikation über den Körper und nur 20% über die Sprache laufen. So lernen die Seminar-Teilnehmer etwa auch, wie sie Gefühle mit Körpersprache besser ausdrücken können.
Humor-Wissenschaftler Holtbernd sieht den Narr im Unternehmen als «Projektionsfläche für das Nichtgelungene, Unvollständige, das Missgeschick. Manager, die eine Humorkultur fördern, ermöglichen den Mitarbeitern, ihr eigenes Scheitern zu bewältigen», schreibt er. Diesen Faktor betont auch Berenbrinker: «Die Kraft des Humors schafft die Erlaubnis, Fehler zu machen, und fördert so die Kreativität.» Dazu gehört die Fähigkeit, über sich selbst lachen zu können.
Humorlose Chefs sind unsicher
Im Tamala-Center in Konstanz wird das so geübt: Ein Workshop-Teilnehmer läuft durch den Raum und ein Kollege ahmt dessen körperliche Struktur mit bewusster Überzeichnung nach. «Fast niemandem gelingt es, bei dieser Übung nicht über sich zu lachen», so Berenbrinker. Aufgrund seiner Erfahrung kommt der Psychologe und Theaterwissenschaftler zum Schluss: «Humorlose Chefs sind fast immer unsichere Menschen, die ständig mit der Angst leben, sich lächerlich zu machen oder die Autorität zu verlieren.»
Dabei schätzen Mitarbeiter humorvolle Chefs, wie Holtbernds Befragungen zeigen. Frauen so sein Schluss sind übrigens offener als Männer und haben besser gelernt, wie mit Humor eine konstruktive und harmonische Atmosphäre geschaffen werden kann.
Doch für die Angst findet Holtbernd eine interessante Begründung: «Durch seinen anarchischen Charakter tastet Humor oft Gewohnheiten, Privilegien und gewachsene Strukturen an.»
Ein Verfechter des Humoransatzes aus der Praxis ist Ronald Isler, Leiter Personal- und Oganisationsentwicklung bei der kantonalen Verwaltung St. Gallen. In den obligatorischen Vorgesetzten-Seminaren setzt er regelmässig Humorelemente ein letztmals beim Thema «Das Kritikgespräch in der Führungskommunikation».
Von Schauspielern wurden zuvor gemeinsam erarbeitete Mitarbeitergespräche überzeichnet nachgespielt, um häufige Fehler aufzuzeigen und zu lernen, diese zu vermeiden. «Der Humor fördert die emotionale Aufmerksamkeit und schafft auch bei Skeptikern generell Goodwill für die Führungsseminare», sagt Isler.
Humor bei der Arbeit tut gut und schliesslich bieten mit der nötigen Distanz gewisse Vorgänge in den Unternehmen selbst oftmals Stoff zum Lachen. Für Humorexperte Holtbernd ist sogar jeder Change-Prozess von Komik durchzogen: «Die Veränderungen machen es notwendig, Regeln zu verletzen, die zuvor galten. Aus der Perspektive der neuen Regeln wirkt das alte Verhalten komisch.»
-----
Veranstaltung: Humorkongress in Zürich
30.5.2006
Die Tertianum-Stiftung veranstaltet am 30. Mai im Casino Zürichhorn (Lake Side) in Zürich einen Humorkongress. Er steht unter dem Motto «Lachen macht stark».
Referenten
Verschiedene Experten aus Wissenschaft und Praxis referieren über die Wirkung von Humor und Lachen und zeigen praktische Einsatzmöglichkeiten für den Arbeitsalltag auf. Tagungsthemen sind unter anderem «Gesundheitsfaktor Humor am Arbeitsplatz» und «Humor in der Mitarbeiterführung».
www.tertianum-stiftung.ch
Buchtipp und Infos zum Thema
Buchtipp
Thomas Holtbernd, «Führungsfaktor Humor Wie Sie und Ihr Unternehmen davon profitieren können», Verlag Redline Wirtschaft bei Ueberreuter.
Infos zu Humor-Workshops www.tamala-center.chwww.pello.chwww.humorcare.comwww.emil-herzog.live.chwww.humor.ch