1000 Pumpstationen fördern aus der Tiefe der Sahara fossile Wasservorräte, die in Aufbereitungsanlagen gereinigt und über ein 4000 Kilometer langes System von tonnenschweren Betonröhren mit vier Metern Durchmesser bis nach Tripolis ans Mittelmeer befördert werden. Das ist Gaddafis Great Man-Made River Project – der grosse, von Menschen gemachte Fluss. Für ihn war es das «achte Weltwunder», für sein Land eine gigantische Verschwendung und für Baukonzerne – zum Beispiel aus Südkorea und Texas – ein Jahrhundertgeschäft. Seit 1984 hat Gaddafi mehr als 20 Milliarden Dollar für das weltgrösste Trinkwasserprojekt eingesetzt, und es ist noch nicht fertig.
Für Experten ist das Projekt ökonomisch unsinnig. «Wirtschaftlich wäre es billiger, jedem Einwohner täglich drei Flaschen bestes Schweizer Mineralwasser auf den Tisch zu stellen», sagt der Zürcher Wasserforscher Tobias Siegfried. Libyer witzeln über «Great Madman’s River» – den Fluss des grossen Irren.
Nun wurde die Anlage Gaddafis letzte Waffe. Seine Truppen blockierten nach ihrer Flucht aus Tripolis die Pumpstationen und schnitten damit die Menschen in den Mittelmeerstädten von ihrer Wasserversorgung ab.