Die politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen in Venezuela belasten die Wirtschaftsbeziehungen mit der Schweiz. Auch im vergangenen Jahr hat sich der Handel zwischen beiden Ländern weiter verschlechtert. Das zeigen die Statistiken der Eidgenössischen Zollverwaltung: Die Importe aus Venezuela sanken um 7 Prozent, Schweizer Exporte gingen um rund 36 Prozent auf 49 Millionen Franken zurück.

Auch die Geschäfte der Schweizer Unternehmen vor Ort haben sich verlangsamt. Das liege vor allem an der Inflation, erklärt Pierino Lardi, Vizepräsident der schweizerisch-venezolanischen Handelskammer in Caracas. «Ein Schweizer Pharmaunternehmen, das in Venezuela Medikamente verkauft, kann keine Rohstoffe mehr importieren, weil die offiziellen Preise völlig überhöht sind.» Und selbst wenn die Versorgung wie gewohnt funktionieren würde, sind die Absatzmöglichkeiten weggebrochen. «In zwei Jahren hat Nestlé seine Produktion um zwei Drittel reduziert,» sagt Pierino Lardi. «Denn die Menschen haben einfach kein Geld für Milchpulver, Kekse und Schokolade.»

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Sulzer, UBS, Credit Suisse: Diese Unternehmen sind gegangen

Angesichts des politischen Klimas raten die Vereinigten Staaten offiziell davon ab, in Venezuela Geschäfte zu machen. In der Schweiz ist das zwar nicht der Fall, aber einige Schweizer Unternehmen haben sich dennoch entschieden, das Land zu verlassen. Der Maschinenhersteller Sulzer beispielsweise stellte Ende 2016 seine Aktivitäten in Venezuela vollständig ein, bestätigt Sulzer-Sprecher Rainer Weihofen gegenüber «Le Temps». Das Unternehmen entwickelte dort Turbinen und Pumpensysteme – Venezuela sollte einst zur Goldgrube werden.

Auch die Banken haben das Land verlassen. UBS und Credit Suisse sind zwar offiziell noch dort, operieren aber hauptsächlich von Kolumbien aus. Die politischen Spannungen sind vielleicht nicht der einzige Grund: Mehrere Schweizer Institute werden von Washington beschuldigt, Gelder in Millionenhöhe zu beherbergen, welche von Mitgliedern der chavistischen Regierung aus den Kassen des staatlichen Ölkonzerns PDVSA unterschlagen wurden. Die Konten in der Schweiz sind immer noch blockiert.

Nestlé, Roche, Novartis: Diese Unternehmen sind geblieben

«Doch die meisten Schweizer Unternehmen sind in Venezuela geblieben und warten ab, bis die kriselnde Wirtschaft des Landes wieder anläuft», sagt Pierino Lardi voller Optimismus. Nestlé ist nach wie vor der grösste Schweizer Arbeitgeber im Land, mit rund 4000 internen und externen Mitarbeitern. Vor einigen Monaten feierte das Unternehmen sein 75-jähriges Jubiläum im Land mit einer Sonderedition seiner Schokolade Savoy. «Wir halten unsere Geschäfte im Land aufrecht,» sagt ein Nestlé-Sprecher. «Wir haben fünf Fabriken und arbeiten zunehmend mit Lieferanten vor Ort, die uns mit lokalen Lebensmitteln und Verpackungsmaterialien beliefern».

Auch Roche und Novartis sind noch dort, haben ihre Geschäftstätigkeit jedoch etwas zurückgefahren: Novartis hat zwar keine Fabrik in Venezuela, beschäftigt aber rund 50 Mitarbeiter. Die verbliebenen Schweizer Unternehmen beschäftigen allerdings Arbeitskräfte von vor Ort. Heute leben nur noch 1200 Schweizerinnen und Schweizer in Venezuela.