Nach mehr als 20 Jahren als unangefochtener Platzhirsch in China fährt Volkswagen im Elektrozeitalter hinterher. Fast scheint es so, als hätten die lokalen Hersteller die Coronajahre quasi als Deckmantel für eine rasante Fortentwicklung genutzt. So stark ist der Wettbewerb, angeführt von BYD, dass VW dieses Jahr bei den Autoverkäufen überholt werden könnte.

Die Situation ist derart prekär, dass VW-Chef Oliver Blume gleich die gesamten Geschäftsleitung bei der Shanghaier Automesse antreten lässt. Es ist Feuer am Dach. Um mehr als 10 Prozent ist VWs Absatz in der Volksrepublik im ersten Quartal eingebrochen, während bei den Elektrofahrzeugen anderer Hersteller die Post abgeht. Wird VW das Ruder herumreissen können?

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Im Jahr 1984 stiegen die Deutschen mit dem legendären Santana in China ein. Der Passat-Ableger mit Stufenheck wurde zum Statussymbol der aufstrebenden chinesischen Mittelklasse. Gezwungenermassen musste VW vor Ort mit Partnern zusammenarbeiten. Der von der Regierung angestrebte Technologietransfer hat geklappt, zum Schaden der Wolfsburger.

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Jetzt ist es an Volkswagen, technologisch aufzuholen. Zum Start der Automesse in Schanghai stellte das Unternehmen den ID.7 vor, das bisher luxuriöseste Modell aus dem Wolfsburger Elektrowagen-Labor. Wenn VW im Reich der Mitte wieder aufholen soll, müssen Interieur und Softwarefunktionen diesmal besser mithalten und dürfen keine Kinderkrankheiten wie beim ID.3 aufweisen.

Aber die Konkurrenz schläft nicht. Die Messe in Schanghai, die zum ersten Mal nach der Corona-Pandemie stattfindet, ist ein wahres Stelldichein der Auto-Branche – und jeder wartet mit Neuerungen auf. BYD präsentierte ein elektrisches Superauto. Der ebenfalls chinesische Elektroautobauer Li Auto legte Pläne für 11 neue Modelle bis 2025 vor. Hyundai kündigte an, dass sie den neuen Elantra N und andere Fahrzeuge bald in China auf den Markt bringen werden. 

Als wäre das nicht genug, prescht auch die Konkurrenz aus Japan vor. Toyota, Honda und Nissan werden ihre Elektromodelle vorantreiben wollen, nachdem die Verkäufe in China in den letzten Jahren stagnierten, wie die entsprechenden Führungspersonen verlauten liessen.

Eine bemerkenswerte Abwesenheit in diesem Jahr ist dagegen Tesla. Der weltgrösste Elektroautohersteller ist nicht auf der Messe vertreten. Der Elektroauto-Pionier erregte letztes Jahr unerwünschte Aufmerksamkeit, als die Besitzerin eines Model 3 auf ein Ausstellungsfahrzeug kletterte und schrie, dass ihr Vater beim Fahren ihres Wagens fast gestorben wäre, weil die Bremsen versagten. Der Protest ging in China viral, Tesla entschuldigte sich schliesslich öffentlich.  

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(ise)