GALD – das ist das Kürzel des jüngsten Börsenneulings im Bereich Gesundheit. Nach den beiden Novartis-Töchtern Alcon und Sandoz ging heute auch der Lausanner Hautpflegekonzern in Zürich an den Start.

Mit einem Ausgabepreis von 53 Franken waren die Valoren des jüngsten Grosskonzerns an der Schweizer Börse am oberen Ende dessen angesetzt, was Marktbeobachterinnen und Marktbeobachter erwartet hatten.

Zu Recht, wie sich heute Morgen zeigte: Kurz vor 9.15 Uhr wurden die Galderma-Papiere zu etwas mehr als 60 Franken gehandelt, was einen Aufschlag von 14 Prozent zum Ausgabepreis bedeutet. Das Unternehmen wurde damit mit rund 14,5 Milliarden Franken bewertet; die Marktkapitalisierung  liegt damit doppelt so hoch wie die des Genfer Luxusgüterkonzerns Richemont, aktuell das Schlusslicht im SMI und zwischen jener von Logitech (aktuell Platz 19) und Sonova (18).

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Und das macht das jüngste IPO so interessant:

  • Galderma, das ist mehr als der Haushaltname Daylong, für den das Unternehmen in der Schweiz bekannt ist. Das Unternehmen zählt zu den führenden Herstellern sogenannter kosmetischer Injectibles, also von Fillern, die zur Glättung von Falten eingesetzt werden, und von Neurotoxinen, besser bekannt unter dem Markennamen Botox. Der Galderma-Filler Restylane und das Galderma-Botox Dysport sind die Nummer zwei in den jeweiligen Märkten – hinter Abbvie (vormals Allergan), dem Platzhirsch aus den USA. Wobei Abbvie die Nase klar vorn hat. Die Amerikaner machen gegen 3 Milliarden Dollar Umsatz mit ihrem Kassenschlager Botox, Abbvie selbst spricht von einem Marktanteil von gegen 70 Prozent.
     
  • Galderma hält sich an das «Weniger-ist-mehr-Pirnzip». Der Konzern ist stark konzentriert, er beschränkt sich auf drei Geschäftsfelder. Die kosmetischen Injectibles sind mit einem Umsatzanteil von 52 Prozent das wichtigste Standbein des Unternehmens. Zweites wichtiges Geschäftsfeld sind Hautpflegeprodukte, allen voran die dermatologischen Feuchtigkeitcremes Cetaphil und die Anti-Aging-Creme Alastin. Zudem zählt der Konzern zu den führenden Anbietern von Cremes zur Behandlung von Akne. Die medizinischen Hautpflegeprodukte machen 18 Prozent des Umsatzes aus. «Ich war beeindruckt, wie stark das Unternehmen fokussiert ist», sagt Stefan Schneider, Analyst von Vontobel.
     
  • Die Lausanner sind nicht nur aktuell gut im Geschäft. Auch für Nachschub sollte gesorgt sein. Grosse Hoffnungen liegen auf einem Produkt namens Relabotulinumtoxin A. Es handelt sich dabei um ein neuartiges Mittel zur Behandlung von mittelschweren Zornesfalten und Krähenfüssen. Das Mittel soll in flüssiger Form erhältlich sein, wodurch das Abmischen mit Wasser durch die Dermatologinnen und Dermatologen wegfällt. Analystinnen und Analysten trauen dem Produkt einen Spitzenumsatz von 1 Milliarde Dollar zu. Allerdings muss das Unternehmen bei Relabotulinumtoxin A nochmals über die Bücher, nachdem die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA im Oktober Mängel beim Produktionsprozess beanstandet hatte. 
     
  • Galderma machte 2023 einem Umsatz von 4,1 Milliarden Dollar, die Ebitda-Marge lag bei 23,1 Prozent. Das Management peilt für die nächsten Jahre ein Wachstum im unteren bis bis mittleren einstelligen Bereich an. Klar ist: Das Unternehmen ist in einem boomenden Markt tätig, über alle Kategorien hinweg adressiert das Galderma ein Marktpotential von gegen 90 Milliarden Dollar. Alle Indikatoren zeigen nach oben. Die Gesellschaften in Europa und in den USA, aber auch in Schwellenländern wie Brasilien werden immer älter, der Bedarf nach Produkten, die die Spuren des Alterns verwischen, steigt. Das Schönheitsideal der ewig straffen Haut ist universell, auch immer mehr Männer interessieren sich für die Produkte.
     
  • Ein grosses Plus von Galderma ist, dass es es einen grossen Teil seines Geschäfts über den gleichen Vertriebskanal abwickeln kann, nämlich über die Dermatologinnen und Dermatologen. «Das ist sehr effizient und ein grosser Vorteil, da es für neurotoxische Proteine wie Dysport auch alternative Anbieter gibt», sagt Analyst Stefan Schneider. Wie Abbvie betreibt das Unternehmen einen grossen Aufwand, um die dermatologischen Fachärzte und Fachärztinnen in der Anwendung seiner Produkte zu schulen. 
     
  • Im Bereich der therapeutischen Produkte machen Galderma aktuell Patentabläufe bei den Cremes gegen Akne zu schaffen. Doch auch hier sieht es danach aus, als ob für Nachschub gesorgt wäre. Es geht um Nemozilumab, ein Medikament zur Behandlung von Neurodermitis und einer Krankheit namens Prurigo Nodularis, die zu knotigen Hautveränderungen führt, die vorwiegend an Beinen, Armen, Rücken und Bauch auftreten. Das Marktpotential ist enorm, viele Asthmatikerinnen und Asthmatiker leiden auch an Neurodermitis. Gleichzeitig ist die Konkurrenz hart. Platzhirsch ist hier der französische Pharmakonzern Sanofi, das Medikament Dupixent gehört zu den erfolgreichsten neuen Lancierungen der vergangenen Jahre in der ganzen Industrie. 
     
  • Galderma wird von erfahrenen Pharma-Managern und -Managerinnen geleitet. Konzernchef Flemming Ørnskov hat den britisch-irischen Pharmakonzern Shire zum Erfolg geführt und an die japanische Takeda verkauft, bevor er 2019 zu Galderma stiess. Und schliesslich ist da auch noch der illustre Stammbaum mit Nestlé und dem französischen Kosmetikkonzern L'Oréal. Auch wenn die Episode von Galderma als Geschäftsbereich in Vevey nicht von Erfolg gekrönt war.
Der Hauptsitz der Firma Galderma in Zug: Das Unternehmen gehörte einmal zu Nestlé.

Der Hauptsitz der Firma Galderma in Zug: Das Unternehmen gehörte einmal zu Nestlé.

Quelle: Keystone

Abspaltung von Nestlé

2019 verkaufte der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé Galderma an ein Konsortium um das schwedische Private-Equity-Unternehmen EQT für 10,2 Milliarden Franken. Mit dem erfolgreichen Börsengang von heute wird das Unternehmen nun die Hälfte der Schulden von rund 5 Milliarden Dollar los, die es unter der Ägide von EQT angehäuft hatte. Die Zinslast dürfte deutlich zurückgehen, auch weil das Unternehmen dank der tieferen Schulden bessere Konditionen bekommt.

Und der Schweizer SMI bekommt nach den beiden Basler Pharmakonzernen Roche und Novartis, dem Basler Pharmazulieferer Lonza, dem Genfer Augenheilkundekonzern Alcon und dem Basler Generikahersteller Sandoz – dessen Aufnahme in den SMI noch in diesem Jahr erfolgen dürfte – möglicherweise einen weiteren SMI-Konzern im Gesundheitskonzern.

Es wäre der sechste.