Nicht überall gilt, was in der Schweiz zum Standard gehört: Die Einbauküche. Bereits beim nördlichen Nachbarn ist es üblich, dass man sich die Haushaltsgeräte selbst besorgt. Kaufen kann man die Einzelgeräte in Deutschland je nach Budget auch beim Superdiscounter. Entsprechend tiefer liegen die Ausgaben, die in den meisten europäischen Ländern durchschnittlich für Kücheneinrichtungen aufgewendet werden.

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Ganz anders die Situation in der Schweiz. Im Land der Einbauküchen und Küchenbauer sind Einrichtung und Geräte im Schnitt 20 bis 30% teurer als im Ausland. Dafür sind auch die Leistungen einmalig, wirbt die Branche für sich. «Alles, was man im Laden kaufen und mitnehmen kann, ist für den Fachhandel und das Gewerbe, falls noch angeboten, mit sehr kleinen Margen versehen », sagt Peter Barandun, Chef von Electrolux Schweiz und Mitglied im Vorstand beim Branchenverband FEA. Schweizer Qualität zähle noch, und Service werde gross geschrieben, erklärt Barandun die Schweizer Eigenart. «Wo sonst auf der Welt ist es zum Beispiel so, dass Berater zum Kunden nach Hause kommen, um Geräte zu erklären oder je nach Wunsch sogar vorzukochen?» All dies habe natürlich auch seinen Preis.

Dem halten Kritiker entgegen, dass es dem Schweizer Markt für Haushaltsgeräte nur dank spezieller Normen und Standards bis heute gelungen sei, sich erfolgreich gegen die internationale Grosskonkurrenz zu behaupten. Die Haushaltsgeräte würden dadurch per se verteuert. Das Nachsehen hat zum Beispiel der Mieter, der höhere Wohnkosten gewärtigen muss.

Innovation als Retter

Der Markt für langlebige Weisswaren, wozu Geräte wie Backofen, Geschirrspüler oder Waschmaschinen gehören, ist in den vergangenen Jahren kaum noch gewachsen in der Schweiz. Zwar profitierte die Branche im letzten Jahr von einer leicht anziehenden Bautätigkeit, doch den langfristigen Trend vermag dies kaum umzudrehen. Dagegen sprechen die eher verhaltenen Konjunkturaussichten sowie das fehlende Bevölkerungswachstum in der Schweiz.

Dass der Markt für langlebige Haushaltsgeräte im letzten Jahr trotzdem um überdurchschnittliche 3,4% zulegen konnte, muss insofern andere Gründe haben. So ist es den Herstellern teilweise überaus erfolgreich gelungen, neue Bedürfnisse zu wecken oder über innovative Produkte zusätzliches Wachstum zu generieren. Dazu gehört etwa der Trend weg von der gemeinsamen Waschküche hin zur Waschmaschine für jeden Einzelhaushalt. Von dieser Entwicklung stark profitiert hat etwa die Firma Schulthess, die ihren Umsatz im Bereich Waschtechnik in den letzten zwölf Jahren auf 120 Mio Fr. mehr als verdoppeln konnte.

Unter die Rubrik Produktinnovation gehört sodann der Combi-Steamer, seit der Mikrowelle so etwas wie ein neuer Blockbuster für den Schweizer Weisswarenmarkt. Allein die beiden Marktleader V-Zug und Electrolux haben im vergangenen Jahr beide jeweils mehr als 10000 Stück abgesetzt. Tendenz weiter steigend, wie Daniela Hotz, Presseverantwortliche der V-Zug, dazu erklärt.

Der Druck nimmt zu

Insgesamt werden im Markt für Weisswaren in der Schweiz pro Jahr rund 2,5 Mrd Fr. umgesetzt. Davon dürfte gemäss Marco Testorelli, Finanzchef von Bosch-Siemens Schweiz (BSH), rund die Hälfte auf die langlebigen Haushaltsgeräte entfallen. Der Rest sind mobile Haushaltsgeräte. Zur Marktstärke der sechs grössten Anbieter in der Schweiz liefert die Branche keine Angaben, womit nur Schätzungen möglich sind. Wo sich der Markt insgesamt hinbewegt, wird durch Aussagen von Branchenvertretern dennoch deutlich. «Der Markt zeichnet sich durch ein geringes Wachstum aus, auf dem die Akteure in einem harten Wettbewerb stehen», beschreibt Willy Kägi, CEO von Bauknecht Schweiz, die Situation. Der Verdrängungswettkampf hat damit längst begonnen. «Auf lange Sicht werden deshalb Grössenvorteile klar obsiegen», ist Testorelli von Bosch-Siemens überzeugt. Und Electrolux-Chef Barandun doppelt nach: «Allein beim Einkauf macht es doch einen Unterschied, ob Rohwaren für 50000 oder Millionen von Haushaltsgeräten beschafft werden.» Beim weltgrössten Hersteller von Haushaltsgeräten läuft der Einkauf gebündelt über den Hauptsitz in Stockholm. Eine weitere Schwierigkeit sieht Reto Bazzi, Mitglied der Geschäftsleitung Miele Group, darin, «mit kleinen Stückzahlen den gesamten Forschungsetat langfristig zu finanzieren. Zudem sind sich die internationalen Anbieter insgeamt einig, dass der Druck, sich der Euronorm anzupassen, zunehmen wird. Bei Electrolux, die ihre Geräte als einzige internationale Firma in der Schweiz herstellen, macht die Euronorm bereits einen Drittel der verkauften Einbaugeräte aus.

Dennoch, so schnell ist der Schweizer Markt nicht zu knacken. Generalunternehmer und Küchenbauer legen beim Hausbau den Raster fest, der üblicherweise noch immer die Schweizer Norm vorsieht. Und inzwischen bietet auch V-Zug wohlgemerkt für den Schweizer Markt die Euronorm an.

Platzhirsch in guter Position

Die Strategie von V-Zug ist und bleibt aber auf den Schweizer Markt ausgerichtet. Die Nähe zum Markt sei wichtig, erklärt Mediensprecherin Daniela Hotz. Die Leaderposition verteidigen will V-Zug durch Kreativität und Wendigkeit, wobei sie vor allem auch auf das spezifisch Schweizerische «Swissness» setzen will. «Der Schweizer Markt werde mehr und mehr mit dem europäischen verschmelzen», ist Rudolf Kägi, CEO der Schulthess Group, überzeugt. Ihr Sortiment hat Schulthess inzwischen gezielt auf Nischen ausgerichtet. Gleichzeitig ist Schulthess daran, sich im Bereich Wärmepumpen europaweit ein neues Standbein aufzubauen.



Grosse Weisswaren: Der hohe Normierungsgrad bringt auch Qualität

Nirgendwo sonst ist der Normierungsgrad von Haushaltsgeräten und Kücheneinrichtungen so ausgeprägt wie in der Schweiz. Für den Schweizer Markt produzierte Geräte sind 55 cm breit, während die Euronorm 60 cm vorschreibt. Zudem gelten zum Beispiel für den Herd- und Backofenbereich schweizspezifische Vorgaben von 400 Volt/ 10 Ampère, wohingegen in Europa 220 Volt/16 Ampère die Norm sind. Zu erklären ist der hohe Normierungsgrad vor allem damit, dass in der Schweiz der Anteil Mietwohnungen sehr hoch ist. Dabei hat es sich für die Wohnbaugesellschaften als zweckmässig erwiesen, möglichst normierte Geräte einbauen zu können oder diese nach Bedarf auch schnell auszutauschen. Haushaltsgeräte werden in der Schweiz von den Firmen V-Zug und Electrolux produziert sowie Schulthess, die aber ausschliesslich Waschmaschinen und Wäschetrockner herstellt. Nach Schweizer Mass im Ausland gebaut werden die Geräte von Miele, während Bosch-Siemens inzwischen auch in der Schweiz nur noch die Euronorm anbieten. Üblich ist auch, Geräte für ein anderes Label zu produzieren. So besteht zum Beispiel eine Kooperation zwischen V-Zug und Bauknecht. Mit aktuell 67% ist das Schweizer Masssystem (SMS) noch immer die vorrangige Standardgrösse in Bereich der Einbaugeräte. (hub)