Die neuartigen mNRA-Impfstoffe von Moderna und Pfizer/Biontech gegen das Corona-Virus - in Rekordzeit entwickelt - stellen einen echten medizinischen Durchbruch dar. Ist das zugleich auch ein gutes Beispiel für die Innovationskraft der Privatwirtschaft?

Im Fall von Moderna nur auf den ersten Blick, denn an der Erfindung waren auch die National Institutes of Health der USA beteiligt; die NIH sind eine Forschungseinrichtung des Gesundheitsministeriums. Und die amerikanischen Steuerzahler beteiligten sich mit rund zehn Milliarden Dollar am Projekt. Vor Covid war Moderna lediglich ein kleines Startup.

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Es handelt sich also um ein klassisches Private-Public-Partnership. Und genau deswegen schwelt ein Streit. Er geht um wissenschaftliches Prestige, aber vor allem geht es um Geld.

Wie Unterlagen zeigen, welche die Bürgerrechtsorganisation Public Citizen in Washington erlangt hat, laufen die Patentanträge für die Covid-19-Impfung einseitig auf Moderna – nichts da von den NIH.

«Wir machten das Front-End»

Dabei hatte die staatliche Organisation dazu eigene Wissenschaftler abgestellt, was auch früh und offen deklariert worden war. «Wir machten das Front-End. Sie machten die Mitte. Und wir machten das Back-End»: So formulierte es Barney Graham, ein NIH-Beamter, im März gegenüber der «New York Times»; gemeint war erstens der Prozess zum Design der Spike-Protein-Sequenz, zweitens die Herstellung sowie drittens die klinischen Versuche.

Als die Behörde im November 2020 erste ermutigende Ergebnisse der Phase-III-Tests mit der neuen Impfung veröffentlichte, sprach sie noch vom «NIH-Moderna COVID-19 Vaccine».

Das ist, wie man weiss, inzwischen weitgehend vergessen. Die «New York Times»  und die «Washington Post» vermelden nun einen dispute um die Entwicklung und das Recht daran. Der Knackpunkt: In der Patentanmeldung von Moderna würden diverse Akteure namentlich genannt – aber die beteiligten Forscher seitens der NIH sind verschwunden. Doch mindestens drei Vertreter des NIH-Impfforschungszentrums – John R. Mascola, Barney S. Graham und Kizzmekia S. Corbett – hätten mit Moderna-Wissenschaftlern zusammengearbeitet, um die genetische Sequenz zu entwickeln, welche den Stoff dazu treibt, eine Immunantwort zu provozieren.

Moderna widerspricht in der Patentanmeldung. Gewiss, die NIH hatten die erwähnten drei Spezialisten in eigenen Anträgen beim U.S. Patent and Trademark Office als Mit-Erfinder aufgeführt. Aber, so nun die Feststellung, Moderna sei in gutem Glauben zur Einsicht gelangt, «dass diese Personen die in der vorliegenden Anmeldung beanspruchten mRNAs und mRNA-Zusammensetzungen nicht miterfunden haben».

Es geht nicht nur ums Geld, es geht um die Engpässe

Die genannten Forscher wollten den Fall gegenüber der «New York Times» nicht diskutieren. Doch sowohl NIH als auch Moderna bestätigen den Zwist. «NIH widerspricht der Feststellung, dass die Erfindung bei Moderna liegt», so eine Behördensprecherin. «Die Entfernung von NIH-Erfindern aus der Haupt-Patentanmeldung beraubt die NIH eines Miteigentumsanteils an dieser Anmeldung und am Patent, das am Ende daraus hervorgehen wird.»

Die US-Patentbehörde muss nun entscheiden, wer Recht hat. Der Streit dreht sich nicht nur um die Milliarden, die durch Impfungen und Booster in den nächsten Jahren zu erwarten sind. Sondern es geht auch um Gesundheitspolitik.

Ein Hauptproblem bei der Pandemiebekämpfung per Impfstoff sind die Engpässe in der Herstellung; deshalb fordern manche Gesundheitspolitiker, dass die Patente freigegeben werden. Dadurch könnten sich weitere Produzenten auf Covid-19-Impfungen verlagern, was wiederum helfen würde, die Notlage in den ärmeren Ländern zu beheben.

Sollten nun also die NIH einen Anspruch aufs Moderna-Patent bekommen, so könnte der Staat bei der Produktion und Verteilung des Vakzins mitreden. Der Schritt würde der Regierung in Washington die Möglichkeit eröffnen, von sich aus Produktionsaufträge in der ganzen Welt zu vergeben. Womit nebenbei auch Millionen von Dollar in die Staatskasse fliessen würden.

Derzeit verdient vor allem Moderna am Corona-Impfstoff.  Allein im vergangenen Quartal verbuchte der US-Konzern fünf Milliarden Dollar Gewinn - einen schönen Teil davon brachten die Impfstoff-Verkäufe ein.

(mbü)