BILANZ: Herr Schloter, Sie sind seit 100 Tagen Swisscom-Chef. Was hat sich in Ihrem Leben verändert?

Carsten Schloter: Es hat sich sehr viel verändert. Ich habe zunächst einmal ein deutlich erhöhtes zeitliches Engagement und eher andere Aktivitäten – zum Beispiel den Umgang mit der Politik.

Im Dezember hat Ihr Vorgänger seinen Job hingeschmissen. Wann haben Sie davon erfahren, dass Sie vielleicht der Nachfolger sind?

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Jens Alder hat mich wenige Tage vor Weihnachten informiert, dass er seinen Entscheid getroffen habe. Er hat mir die Frage gestellt, ob ich bereit wäre, für die Nachfolge zu kandidieren. Ich habe, ohne zu zögern, Ja gesagt, denn unser Markt ist ein absolut faszinierender Markt.

Und jetzt sind Sie endlich am Ziel?

Nein, denn ich hätte mir sehr gut vorstellen können, nach meiner Tätigkeit bei Swisscom Mobile etwas ganz anderes zu machen.

Sie waren auf dem Absprung?

Nein. Aber es kann nicht Sinn einer Karriere oder einer beruflichen Entwicklung sein, immer mehr Leute zu führen und immer mehr Umsatz zu verantworten. Ich lege persönlich viel mehr Wert auf die Frage, wie spannend das Umfeld ist, wie gross die Herausforderungen sind und ob man tatsächlich gestalterisch wirken kann.

Wie haben Sie diese konfuse Diskussion um die Auslandbeteiligung im November erlebt?

Es waren bewegte Tage. Aber es ist nur normal, dass ein Mehrheitsaktionär, wenn er mit dem Management eine Meinungsdifferenz hat, seinen Standpunkt klar zum Ausdruck bringt.

Jens Alder hat einmal gesagt, er sei sehr zufrieden mit dem Bund als Mehrheitsaktionär. Plötzlich hat er eine andere Optik. Hat Sie das nicht erstaunt?

Das sind Dinge, die geschehen. Ein Mehrheitsaktionär definiert den strategischen Rahmen, der automatisch auf lange Frist angelegt ist. Auf einmal stellt er fest, dass Dinge passieren, die er nicht vorausgesehen hat. Und dann bringt er dies zum Ausdruck. Wenn man glaubt, gemäss einem abgestimmten Fahrplan nach vorne zu fahren, ist es natürlich ein emotionaler Moment, wenn auf einmal jemand Stopp sagt.

Eine neue Kraft im Bundesrat, Christoph Blocher, wollte den Weg gehen, den die Swisscom jetzt eingeschlagen hat. Teilen Sie diese Strategie?

Man glaubt immer, es gebe zu einem bestimmten Zeitpunkt nur eine einzige richtige Strategie für ein Unternehmen. Das stimmt nicht. Es gibt verschiedene mögliche Strategien. Welche am Ende die richtige ist, sagt uns die Geschichte. Dass jetzt die Strategie innerhalb des Bundesrates vielleicht durch eine Einzelperson geprägt wurde, ist nichts Besonderes. In jeder Gruppe von Führungskräften, auch in der Privatwirtschaft, werden Sie in gewissen Situationen einzelne Persönlichkeiten haben, welche die Entscheidungsfindung stärker prägen als andere.

Die Wettbewerbskommission will die Swisscom mit einer halben Milliarde Franken büssen, weil sie ihre Monopolsituation ausgenützt habe. Als Bundesbehörde steht die Weko im Prinzip aber auf derselben Seite wie Ihr Mehrheitsaktionär. Finden Sie das nicht kurios?

Der Bund ist in einem Rollenkonflikt. Denn er partizipiert auf der einen Seite an den Einnahmen, die wir von unseren Kunden haben. Auf der andern Seite ist er Regulator.

500 Millionen Franken sind kein Pappenstiel. Und sie fliessen ja direkt in die Bundeskasse zurück. Das heisst, der Bund erhält zumindest indirekt zu seinen Tantiemen noch eine Aufbesserung.

Man kann das so darstellen. Aber zunächst einmal liegt derzeit nur ein Papier vor, das der Entwurf eines Antrages ist. Was nicht vorliegt, ist die Begründung. Das versetzt uns in die Lage, dass wir die Sache zwar kommunizieren mussten, weil sie börsenrelevant ist. Details können wir aber nicht kommentieren, weil das einzige uns vorliegende Papier ein über ein Jahr alter Entwurf ist.

Wie haben Sie reagiert, als Sie die Nachricht erfuhren?

An diesem Abend habe ich im Garten Rosen geschnitten. Ich ging dann ins Haus und schaute noch meine Mails durch. Da habe ich das Weko-Papier entdeckt. Damit waren der Abend und das Wochenende in einer gewissen Art und Weise zu Ende.

Aber die Rosen haben überlebt? Oder haben Sie Ihre Wut an ihnen ausgelassen?

Die können ja nichts dafür.

Den BILANZ-Business-Talk mit Carsten Schloter finden Sie als Video auf www.bilanz.ch

Carsten Schloter (43) ist CEO der Swisscom. Zuvor war er CEO von Swisscom Mobile. Das Interview ist ein Auszug aus dem BILANZ-Business- Talk «Swisscom: neuer Chef – alte Probleme», der auf SF zwei ausgestrahlt wurde.