BILANZ: Herr Meyer, dank einem Deal mit der PubliGroupe erhält die NZZ Zugriff auf die Zeitungen «Zürcher Unterländer» und «Zürichsee-Zeitung». Im Gegenzug geben Sie Ihre Haupteinnahmequelle, die Anzeigenakquisition, an die PubliGroupe ab. Tun Sie das ohne Not?

Conrad Meyer: Die Haupteinnahmequelle sind die Werbeeinnahmen, aber sicher nicht die Akquisition. Unser Verkaufsteam bei der NZZ gehört zu den Besten und wird dies auch bleiben. An der professionellen Kundenbeziehung wird sich nichts ändern, weil das Team im Hause NZZ bleibt und wie bisher exklusiv die NZZ und die «NZZ am Sonntag» verkauft. Was neu dazukommt, ist die Integration in das starke Netzwerk der Publicitas. Wir tun dies also ohne Not und mit der festen Überzeugung, für die Zukunft noch besser gerüstet zu sein.

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War die Abgabe der Eigenregie eine Bedingung für das Zustandekommen des Deals?

Die Intensivierung unserer Zusammenarbeit mit der PubliGroupe ist nicht durch Feilschen entstanden. Sie ist gewachsen auf Grundlage einer eingehenden Analyse möglicher Szenarien.

Wie bitte? Fürchten Sie nicht, mit diesem Schritt ein unkalkulierbares Risiko eingegangen zu sein?

Das Resultat liegt nun vor und ist in allen Teilen richtig und wohldurchdacht – ob es sich bewährt, wird die Zukunft zeigen.

Die PubliGroupe besitzt auch Minderheitsbeteiligungen an der «Basler Zeitung», der «Solothurner Zeitung» und der «Südostschweiz». Gibt es Pläne oder die strategische Absicht, auch diese Titel langfristig in die NZZ-Gruppe zu integrieren?

Da wir an den Regionalmedienmarkt glauben, sind wir sehr daran interessiert, dass diese Zeitungen – wie auch die «Mittelland-Zeitung» – stark und regional verwurzelt bleiben. Dazu müssen sie nicht in die NZZ-Gruppe integriert werden. Eine Zusammenarbeit mit unserem Regionalzeitungsnetzwerk würden wir aber sehr begrüssen.

Noch Anfang Monat ist PubliGroupe-Präsident Philippe Pidoux mit den Tamedia-Leuten Hans Heinrich Coninx und Martin Kall zusammengekommen, ohne die laufenden Verhandlungen mit der NZZ mit einem Wort zu erwähnen. Haben Sie im Geheimen parallel verhandelt?

Von geheim kann keine Rede sein. Ich gehe davon aus, dass alle Beteiligten wussten, dass solche Gespräche geführt werden.

Bei der «Mittelland-Zeitung» in Baden fällt auf, dass die ausserbörslich gehandelten Aktien von einem Zürcher Vermögensverwalter gesucht sind. Nach dem NZZ-Deal wäre das für Tamedia praktisch der noch einzig verbleibende Weg, substanziell aus der Grossagglomeration Zürich auszubrechen. Was hiesse ein solches Szenario für Ihr Haus?

Unsere Regionalzeitungsstrategie geht von starken regionalen Medienräumen aus. Sie ist auf publizistische Qualität und Vielfalt ausgerichtet. Also ist für uns eine starke «Mittelland-Zeitung» wünschenswert.

Sind Sie auch hier selber an einer allfälligen Kooperation interessiert?

Für Kooperationen sind wir generell offen.

Im Raum Zürich kommt der «Tages-Anzeiger» auf eine Marktpenetration bei den Lesern von rund 35 Prozent, die NZZ auf die Hälfte. Ein Problem für Sie?

Ganz abgesehen von der unterschiedlichen publizistischen Ausrichtung ist die NZZ im Raum Zürich zwar gut verankert, hat aber daneben ihren Fokus klar auf der nationalen Verbreitung mit internationaler Ausstrahlung. Dies erklärt die unterschiedliche Verbreitung im Raum Zürich.

In einzelnen Regionen wie im Zürcher Unterland ist der «Tagi» stärker als die Lokalzeitung vor Ort, in diesem Fall der «Zürcher Unterländer». Das erhöht die Chance für Ihre Konkurrenz, durch eigene Splitausgaben die neuen Akquisitionen der NZZ anzugreifen. Für derartige Pläne würde die Tamedia einen substanziellen zweistelligen Millionenbetrag bereitstellen. Eine Gefahr für Ihr Investment?

Unsere neuen Minderheitsbeteiligungen in diesem Gebiet sollen zum Ausdruck bringen, dass wir an diesen Markt glauben und daran interessiert sind, dass dort ein starkes Zeitungsverbundsystem weiterentwickelt wird. Die Verlage in dieser Region sind sehr gut verankert und werden ihren Weg finden, für die Leserschaft attraktiv zu bleiben. In diesem Bestreben wollen wir sie unterstützen.