BILANZ: Herr Mölleney, seit Monaten herrscht bei Unaxis Ausnahmezustand. Kommen Sie noch zum Arbeiten?

Matthias Mölleney: In den Divisionen herrscht, mit gewissen Einschränkungen, Business as usual. Unter den 50 Mitarbeitern am Unaxis-Hauptsitz in Pfäffikon SZ ist die Verunsicherung grösser. Es ist Teil meiner Aufgabe als Personalchef, zu informieren und die Sicht des neuen Eigentümers darzulegen.

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Wie lautet die?

Nach Gesprächen mit den neuen Besitzern habe ich Grund zur Annahme, dass Unaxis in der gleichen Struktur weitergeführt und nicht atomisiert werden soll.

Im Übernahmekampf haben Mirko Kovats und Ronny Pecik einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen.

Ich hatte nicht den Eindruck, dass sie unentschieden oder uneins sind. Ihr Fokus liegt klar auf Wachstum und Mehrung des Shareholder-Value.

Wie viele Stellen sollen gestrichen werden?

Personalabbau war bis jetzt noch kein Thema. Aber mir ist bewusst, dass wir um Kostensenkungen nicht herumkommen werden.

Es gibt keinen Personalchef, der so viele Entlassungen vornehmen musste wie Sie. Allein bei Lufthansa und Swissair waren es gegen 50 000. Wie lebt es sich damit?

Wie heisst es doch? Jeder muss seine Lektion lernen, und wenn er sie nicht richtig gelernt hat, dann muss er sie nochmals lernen. Mir ist nur nicht klar, wieso ich es zum dritten Mal lernen muss … Aber im Ernst: Kostensenkung und Personalabbau sind überall ein Thema. Ich habe bei Swissair, Centerpulse und Unaxis geglaubt, es seien Wachstumsunternehmen, doch dann sind alle drei aus unterschiedlichen Gründen in Turbulenzen geraten.

Warum geraten Sie immer an die falschen Unternehmen?

Ich bin ganz sicher, dass es Zufall ist.

Immerhin können Sie bei jedem Wechsel eine stattliche Abgangsentschädigung herausholen.

Das trifft nur für Centerpulse und in geringerem Mass für Unaxis zu. Durch das Swissair-Grounding habe ich persönlich viel verloren. Ausserdem sind Kontrollwechsel-Klauseln in vielen Unternehmen seit Jahren üblich. Sie dienen dazu, dass für den betroffenen Manager ein Verbleib im Unternehmen genauso attraktiv ist wie schlimmstenfalls der Verlust des Arbeitsplatzes. Damit soll sichergestellt werden, dass er unabhängig von eigenen finanziellen Interessen das umsetzt, was der Verwaltungsrat vorgibt.

Gemäss Vertrag bekommen Sie neben einem Jahreslohn auch einen Bonus, obschon Sie im Fall einer Kündigung ja gar nicht mehr arbeiten würden.

Das hängt damit zusammen, dass mit dem Jahreslohn nur der fixe Teil meines Gesamtsalärs gemeint ist. Das sind aber nur 50 Prozent. Die anderen 50 Prozent teilen sich je zur Hälfte auf in einen Bonus und in Aktien, die aber im Fall einer Kündigung nicht mehr zugeteilt werden. Die Bonuszahlung im Kündigungsfall ist darum vorgesehen, weil ich ja gar nicht die Chance erhalte, den vollen Bonus zu erreichen, wenn ich entlassen werde. Darum einigt man sich auf einen so genannten Zielbonus.

Von aussen hat man den Eindruck, die Familie Bührle habe sich bei Unaxis durch die Hintertür verabschiedet. Fühlen Sie sich von der früheren Hauptaktionärin im Stich gelassen?

Ich hatte praktisch keinen Kontakt zu ihr. Gratian Anda traf ich bloss einmal bei einem Mittagessen; am Hauptsitz in Pfäffikon habe ich ihn nie gesehen. Alles, was ich über die Familie und ihr Verhältnis zu Unaxis weiss, kenne ich aus Zeitungen. Ich hoffe, dass sich einmal die Gelegenheit ergibt, privat über die Gründe des Verkaufs zu sprechen, damit ich mir eine Meinung bilden kann. Was mich allerdings wirklich enttäuscht hat, war die Tatsache, dass ich den Verkauf aus dem Radio erfahren habe, am Morgen auf der Fahrt ins Büro.

Haben Sie schon interessante Angebote?

Es ist schon die eine oder andere Anfrage eingegangen. Aber ich werde auf jeden Fall erst im Juli entscheiden, ob ich bei Unaxis bleibe oder eine neue Stelle annehme.

Steht Ihnen der Sinn nicht nach einer Pause nach all den turbulenten Jahren?

Da kenne ich mich genug. Nach spätestens sechs Wochen würde ich nervös und müsste wieder etwas machen.

Wo sehen Sie sich künftig?

Falls ich nicht bei Unaxis bleiben kann, läge es nahe, noch einmal einen Anlauf als Personalchef zu unternehmen. Aber ich könnte mir auch vorstellen, eine operative Funktion zu übernehmen.

Im Film über die Swissair, der im Oktober in die Kinos kommt, sind Sie der Einzige, der sich selbst spielt. Wäre nicht die Schauspielerei eine neue Karrierechance?

Das war eine rein private Aktion auf Wunsch des Filmproduzenten. Ich bin kein Schauspieler und möchte auch keiner werden.

Matthias Mölleney (45) löschte bei der Swissair das Licht, nachdem er alle Mitarbeiter entlassen hatte. Dann geriet er bei Centerpulse in den Übernahmestrudel. Jetzt passiert ihm Gleiches bei Unaxis.