BILANZ: Herr Trapani, was bedeutet die Schweiz für Bulgari?

Francesco Trapani: Die Schweiz allgemein und Genf im Speziellen bleiben Referenzpunkte für die Horlogerie und die Bijouterie. Unzählige wohlhabende Touristen kaufen dort Luxusgüter. Neben unseren Geschäften in Genf, Zürich und St. Moritz beschäftigen wir rund 450 Mitarbeiter in Neuenburg. Dort haben wir nicht nur die Uhrenproduktionsstätte für die ganze Gruppe angesiedelt, sondern auch das «strategische Mutterhaus» für die Horlogerie, die Parfümerie und die Accessoires. Die für diese drei Bereiche weltweit Verantwortlichen operieren von Neuenburg aus. Das Bulgari-Logistikzentrum befindet sich ebenfalls dort. Und ausserdem sind unsere Produktionsstätten für Gérald Genta und Daniel Roth in Le Sentier.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Dass Bulgari die Schweiz für die Herstellung seiner Uhren ausgewählt hat, ist verständlich. Aber wie erklären Sie Ihre anderen Aktivitäten hierzulande?

Die Schweiz mit ihrer Lage im Herzen Europas bleibt der ideale Standort
für ein Logistikzentrum. Ausserdem haben wir langfristige Vereinbarungen mit den Schweizer Behörden getroffen. Sie gewähren uns Steuererleichterungen dafür, dass wir uns hier niedergelassen haben. Genauer gesagt, das Mutterhaus von Bulgari befindet sich zwischen Italien und der Schweiz. Es gibt so viele Mitarbeiter, die zwischen Neuenburg und Rom pendeln, dass wir ein eigenes Flugzeug haben, um den Flughafen Bern-Belp mit Roma Ciampino zu verbinden. Viermal pro Woche fliegt es hin und zurück.

Im Jahr 2000 haben Sie die Schweizer Uhrenmarken Gérald Genta und Daniel Roth übernommen. Planen Sie weitere Akquisitionen?

Rolex zum Beispiel! Nein, ich scherze nur. Wenn wir etwas Interessantes finden mit einem grossen Potenzial und zu einem vernünftigen Preis, warum nicht? In der Vergangenheit sind in der Uhrenbranche einige Verkäufe zu einem völlig verrückten Preis über die Bühne gegangen. Das interessiert uns nicht.

Sie denken an den Kauf von Jaeger-Le Coultre durch Richemont?

Das ist ein Paradebeispiel.

Bulgari ist eine Familiengesellschaft, aber trotzdem seit 1995 an der Börse kotiert. Was hat Ihnen der Börsengang gebracht?

Er hat uns erlaubt, genug Barmittel zu sammeln, um unsere Entwicklung sehr viel aggressiver voranzutreiben als ursprünglich gedacht. Ausserdem ist unsere Visibilität heute sehr viel grösser. Und schliesslich konnten wir in unserem Unternehmen ein besseres Management engagieren, als dies für eine nicht kotierte Gesellschaft möglich ist, die keine Aktienoptionen bieten kann.

Im ersten Quartal dieses Jahres sind die Umsatzzahlen von Bulgari um rund 13 Prozent auf 180 Millionen Euro gestiegen, der Reingewinn um 9 Prozent auf rund 15 Millionen. Was sind Ihre Voraussagen für das Gesamtjahr?

Dieses Jahr dürfte unser Umsatz um zehn bis zwölf Prozent steigen, ebenso unser Reingewinn. Die meisten Volkswirtschaften dieser Welt verzeichnen positive Wachstumsraten, besonders Asien und die USA. Das Einzige, was diese Entwicklung ändern könnte, sind Ereignisse wie Krieg, terroristische Anschläge in grossem Ausmass oder Pandemien wie etwa Sars. Gegenüber solchen Ereignissen ist die Luxusindustrie sehr anfällig.

Wollen Sie den Verkauf via Internet ausbauen?

Nein. Letztes Jahr haben wir Versuche gemacht, die nicht zu unserer Zufriedenheit ausgefallen sind. Andere Websites, die von anderen Unternehmen entwickelt wurden, haben sogar Pleite gemacht. Tiffany ist das einzige Unternehmen, das sich mit einem gewissen Erfolg im Internetverkauf brüsten kann. Es scheint, dass für einen Luxuskunden das Einkaufserlebnis im Laden wichtig bleibt.

Letztes Jahr haben Sie Ihr erstes Luxushotel in Mailand eröffnet. Wird daraus eine ganze Kette?

Unser Ziel ist es, fünf bis sieben Hotels in den wichtigsten Märkten zu haben und sie zu PR-Zentren für unsere Marke zu machen. 2006 eröffnen wir ein weiteres Hotel auf Bali. Weitere wollen wir in Hongkong, Paris, London, New York und Tokio aufbauen.

Francesco Trapani ist seit 1984 VR-Delegierter der Bulgari-Gruppe in Rom. Er wurde 1957 als Sohn von Agostino Trapani und Lia Bulgari geboren und ist Neffe der Brüder Paolo und Nicola Bulgari, Präsident und Vizepräsident von Bulgari. Trapani hält 4,45 Prozent des Unternehmens, die Familie insgesamt 52 Prozent. Bulgari wird an der Börse mit 2,8 Milliarden Euro bewertet.