Man könnte sie vielleicht als Cyborgs bezeichnen. Die US-Bank Morgan Stanley will ihre 16'000 Finanzberater mit Machine-Learning-Algorithmen ausstatten. Diese sollen Handelsgeschäfte vorschlagen, Routineaufgaben übernehmen und Geburtstags-Erinnerungen verschicken.

Das Programm, das intern als «Next Best Action» bekannt ist, macht deutlich, wie einer der grössten Broker der Welt seine Mitarbeiter aufrüsten will – während andere Banken immer mehr auf vollautomatisierte Plattformen setzen, die sogenannten Robo-Advisers.

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Bessere Lösung für vermögende Familien

Dahinter steht der Gedanke, dass Menschen mit Robo-Assistenz eine bessere Lösung für vermögende Familien sein werden als einfach nur Software, die Gelder für die Massen anlegt.

Bei Morgen Stanley werden die Algorithmen den Mitarbeitern verschiedene Vorschläge unterbreiten, aus denen sie auswählen können. Diese Ratschläge basieren auf Dingen wie Veränderungen am Markt sowie Ereignisse im Leben von Kunden, verrät Jeff McMillan, Chief Analytics and Data Officer in der Vermögensverwaltung der Bank.

Geschäfte ankurbeln

Anrufe, E-Mails und Webseiten-Interaktion werden katalogisiert, berichtet er, damit die Programme über maschinelles Lernen diese nachverfolgen und ihre Vorschläge mit der Zeit verbessern können. Auf diese Weise soll letztlich mehr Geschäft mit Kunden entstehen.

«Wir versuchen Sie und ihr Verhalten zu verstehen, um Sie mit etwas zu erfreuen, nach dem Sie vielleicht nicht einmal gefragt haben», sagt McMillan in einem Interview mit Bloomberg. «Wir versuchen nicht, Ihnen etwas zu verkaufen. Wir versuchen vielmehr, Dinge zu finden, die Sie wollen und brauchen.»

Die Technologie anzapfen, die sie bedrohen

Angesichts des Wettbewerbs durch billigere, automatisierte Vermögensverwaltungs-Dienste und höheren Erwartungen, die von Pionieren wie Uber und Amazon geschürt wurden, versuchen Broker derzeit, ihre digitale Zukunft zu finden. Dabei stellt sich heraus, dass die beste Hoffnung der menschlichen Berater im Kampf gegen Roboter darin besteht, dieselben Technologien anzuzapfen, die sie bedrohen: Algorithmen im Kombination mit Big-Data und maschinellem Lernen.

Morgan Stanley will zunächst im Juli ein Pilotprogramm mit 500 Beratern starten. Der Plan ist, es dann bis zum Jahresende auf alle infrage kommenden Mitarbeiter auszuweiten.

Weitere Hightech-Initiativen: Siri und weniger Papier

Weitere Hightech-Initiativen sind bereits auf dem Weg. McMillan und andere arbeiten an einer Artificial-Intelligence-Assistenz, einer Art Siri für Broker. Sie soll Fragen beantworten können, indem sie den Berg an Analysen des Unternehmens durchforstet. Die Bank veröffentlicht 80'000 Studien pro Jahr.

Zudem ist das Unternehmen auch dabei, Papier-intensive Prozesse wie Überweisungen zu automatisieren. Es soll auch ein digitaler Speicher an Kunden-Dokumenten aufgebaut werden, etwa für Steuererklärungen und Testamente. Da gerade die etablierten Berater tendenziell etwas älter sind, stellt Morgan Stanley Mitarbeiter ein, die diejenigen einweisen, die Hilfe brauchen.

Ganz sagt sich Morgan Stanley von Robo-Advisers aber nicht los. In den kommenden Monaten will die Bank ihren eigenen auf den Markt bringen, ebenso wie die Konkurrenten Bank of America, Wells Fargo und JPMorgan.

Startup-Unternehmen waren Vorreiter

Vorreiter bei der Technologie waren die Startup-Unternehmen Wealthfront und Betterment. Die Idee erreichte die Massen, als sie von den Discount-Brokern Charles Schwab und Vanguard eingesetzt wurde.

Analysten von Morgen Stanley zufolge könnten die Robo-Berater bis 2025 bereits 6,5 Billionen Dollar verwalten – verglichen mit rund 100 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr.

McMillan ist allerdings überzeugt davon, dass die Broker aus Fleisch und Blut noch über viele Jahre hinweg gebraucht werden. Denn die Reichen hätten komplizierte Finanzplanungs-Bedürfnisse, die sich am besten mit menschlicher Expertise erfüllen liessen.

(bloomberg/ccr)

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