Zwischen 2001 und 2007 wuchs das Geschäft mit US-Steuerbetrügern bei Julius Bär kräftig an. Von 984 Millionen Geldern von US-Bürgern im Jahr 2001 wuchs das Volumen innert Kürze auf 4,7 Milliarden Dollar im Jahr 2007, das zeigen Gerichtsakten, die beim Vergleich der Bank Julius Bär mit der US-Justiz öffentlich wurden.

Dazu beigetragen haben auch die Übernahmen der Banco di Lugano, der Bank Ehinger & Armand von Ernst sowie Ferrier Lullin. Alleine diese drei Banken brachten eine zusätzliche Milliarde unversteuerter US-Gelder ein.

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Grosse Bemühen der Chefs

Vor allem bei US-Kunden von Ehinger legten sich die Julius-Bär-Kader mächtig ins Zeug. Als klar wurde, dass ein Ehinger-Banker mit vielen US-Kunden nicht bei der Julius Bär bleiben wollte, reisten Kaderleute in die Vereinigten Staaten, um die Ehinger-Kunden bei Stange zu halten.

Das Geschäft mit US-Kunden blühte, und als der ehemalige Spitzenbanker Hans J. Bär im Jahr 2004 sein Buch «Seid umschlungen, Millionen» veröffentlichte, und dabei die Schweizer Banker für ihre Schwarzgeld-Affinität kritisierte, stiess er auch beim eigenen Geldhaus auf eine Mauer des Schweigens und Unverständnisses.

Nordamerika-Team in Zürich

Innerhalb von Julius Bär Schweiz existierte ein Nordamerika-Team. Bis 2005 war Julius Bär mit Abteilungen in New York, Los Angeles, San Francisco und Palm Beach vertreten. Durch diese Absteigen wurden die US-Kunden zu Offshore-Relationship-Manager in der Schweiz weitergeleitet. Sobald die Offshore-Konti eröffnet waren, führten Julius-Bär-Banker in den Absteigen in den USA einige Services für die Offshore-Konti durch - so verschickten sie etwa Kreditkarten an die Kunden.

Nachdem die Bank 2005 ihr US-Onshore-Geschäft verkaufte, wurde 2006 eine neue Policy aufgesetzt. Nun hiess es, man wolle keine neuen US-Kunden, aber bestehende würden weiterbedient. Zudem wurde die Bank noch vorsichtiger: Nun sollte sämtliche Korrespondenz und Kommunikation mit US-Kunden ausserhalb USA stattfinden.

Das QI-«Problem» - und wie man es umgeht

2001 verpflichteten die Vereinigten Staaten mit dem «Qualified Intermediary Agreement» (QI) alle Auslandbanken dazu, sämtliche US-Gelder einwandfrei den wirtschaftlich Berechtigten zuzuordnen.

Die Verwirrung und Sorge ums künftige Vorgehen beim Verstecken der wahren Inhaber der Gelder bei den US-Kundenmanagern der Bank Julius Bär war gross. In einer E-Mail meldete sich ein Banker: «Ich habe US-Kunden mit Konti auf den Britischen Jungferninseln, um das QI-Problem zu umgehen (...) Ich höre die wildesten Gerüchte um das QI-Problem. (...) Ich muss bald wissen, welche todsichere Lösung ich meinen Kunden anbieten kann.» Das Verstecken der Gelder mittels Briefkastenfirmen auf Offshore-Paradiesen wie Liechtenstein oder den Britschen Jungferninseln wurde zum geläufigen Vorgehen.

«Höchst problematisch»

Im Jahr 2008 erreichten die mittels solcher verschachtelter Firmenstrukturen versteckten Gelder bei Julius Bär einen Höchststand. 1043 Konti oder 36 Prozent dieser US-Schwarzgelder bei der Schweizer Bank wurden so verschleiert.

Die Spitze von Julius Bär war sich klar darüber, was sie tat: 2006 etwa besprach sich die Chefetage zum Thema «Nordamerika: Aktuelle Situation und künftige Strategie» mit dem Chef des Nordamerika-Teams über die regulatorischen «Probleme» bei US-Kunden. Dass Gelder vor der US-Steuerbehörde IRS verheimlicht wurden, stuften die Bär-Banker selbst als «höchst» problematisch ein.

Die No-Nos bei der Einreise

2006 instruierte die Bank ihre US-Kundenmanager mit einem «U.S. Client's Do's & Don'ts». Beim Einreisen in die USA sollten die Banker sagen, man sei in der Bankbranche tätig - aber ja nicht erwähnen, man arbeite im «Private Banking».

Wenn man von den Beamten gefragt werde, was man denn im Land wolle, solle man neben Geschäftlichem ruhig auch «Freizeit» angeben. Die Schönheit der USA soll gelobt werden, denn die Beamten seien meist sehr patriotisch veranlagt. Man könne etwa auch noch einen geplanten Fallschirmsprung erwähnen, das lenke vom geschäftlichen Grund der Reise nochmals ein wenig mehr ab.

Natürlich solle man keine offiziellen Bankpapiere mit sich tragen - die solle man vorher ans Ziel schicken. Sämtliche Notebooks und Bankdaten waren tabu. Ebenfalls sollten auf Kontoblättern keine identifizierenden Logos aufgedruckt werden. Und man sollte nur Handys benutzen, die in der Schweiz registriert sind. Am besten verwende man Prepaid-Karten.

Konkurrenz macht dicht: «Grosse Chance für uns!»

Als die Bär-Banker gewahrnt wurden, dass die Grossbank UBS in den Vereinigten Staaten die Schotten dicht macht, herrschte beim Chef des Nordamerika-Teams am 11. Dezember 2007 Euphorie: «Eine grosse Chance für uns, hoffentlich!», so seine Analyse. Schon im Januar 2008 begannen die vornehmen Banker mit dem Eröffnen von Konten für UBS-Abschleicher. Bis Mitte 2008 nahm Julius Bär bereits 247 UBS-Kundenkonti auf - der Wert belief sich auf 609 Millionen Dollar Schwarzgeld.

Doch im Februar merkten sie, dass diverse UBS-Kundenmanager, die man vorher noch aktiv abzuwerben versuchte, auch im Fokus der Amerikaner standen. Nun hörte Julius Bär auf, diese zu umgarnen.

Kehrtwende nach UBS-Geständnis

Als die UBS im Mai 2008 bekanntgab, dass gegen sie in den USA wegen Steuerbetrügereien ermittelt werde, wurde es den Julius-Bär-Bankern langsam blümerant zumute. Im Juli verbot die Bank, undeklarierte Konti von US-Bürgern zu eröffnen und setzte für die US-Konti eine Taskforce ein. Im November dann startete die Bank eine «Exit»-Strategie für US-Kunden und im Juni 2009 begann die Bank Konti von US-Bürger zu schliessen, die sich hinter Offshore-Strukturen vor der US-Steuerbehörde versteckten.