Der gestiegene Franken stellt die Schweizer Hotellerie vor grosse Herausforderungen. Gilt das auch für die Luxusanbieter in der Schweiz, die immerhin zwei Drittel der Umsätze in Fremdwährungen erzielen, die Kosten aber fast ganz in Franken ausfallen? Die Herausforderungen sind gross, sagt Jan Brucker, Präsident von Swiss Deluxe Hotels, der Vereinigung von 39 Schweizer 5-Sterne-Häusern und General Manager des Widder Hotels in Zürich. Im Interview erklärt er, wie die Branche sich nun für die Zukunft rüstet.

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Mit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses sind Übernachtungen in der Schweiz für viele ausländische Gäste plötzlich teurer. Doch spielt der Preis im 5-Sterne-Bereich überhaupt noch eine Rolle?
Ja, auch auf einem 5-Sterne-Niveau gibt es die Schnäppchenjäger, die etwas preissensibler sind. Ich denke, dass diese Gäste die Schweiz inzwischen kaum noch besuchen. Die Gäste, die heute trotz starkem Franken kommen, haben eine Affinität für unser Land und unsere Dienstleistungen und schätzen auch die Qualität der Schweiz.

Sie spüren das in Ihrem täglichen Geschäft bereits?
Zwar hatten wir kurzfristig keine Stornierungen. Aber seit dem SNB-Entscheid ist es ruhiger geworden, es wird weniger nachgefragt. Da sind wir sind gefordert. Aber wir verfallen jetzt nicht in Panik und senken nicht kopflos unsere Preise.

Preissenkungen sind für die Luxushotellerie keine Option?
Nein, das ist keine Option. Ich bin ein grosser Verfechter von stabilen Preisen. Über Jahre ist uns das gelungen, wir konnten unsere Preise teilweise gar erhöhen. Denn was wir bieten, ist wertvoll. Es kann nicht sein, dass wir von einem Tag auf den anderen unser Produkt 20 Prozent günstiger anbieten. Für viele Betriebe wäre das angesichts unserer Kosten auch verheerend. Wir sind da nicht auf Rosen gebettet.

Wie stemmen Sie sich im Luxussegment jetzt gegen den Gästeschwund?
Es ist nicht einfach, von jetzt auf sofort zu reagieren. Ich plädiere dafür, Mehrwert zu schaffen. Das heisst, dem Gast auch mal etwas Gutes zu tun, zum Beispiel das Zimmer upzugraden oder ihn am Flughafen mit der hauseigenen Limousine kostenlos abzuholen. Kooperationen sind ebenfalls sehr wichtig: Wir arbeiten zum Beispiel mit einem schottischen Whiskey-Haus zusammen und laden unsere Gäste zu einer Whiskey-Degustation ein. Diese kleinen Dinge darf man nicht unterschätzen. Sie werden von den Gästen wahrgenommen und sehr geschätzt.

Den grössten Anteil an den Kosten in der Hotellerie hat das Personal. Für das Geschäft der Luxushotellerie trifft dies besonders zu. Müssen Sie Personal entlassen?
Nein, aber wir müssen den Gürtel enger schnallen. Allerdings haben wir das bereits getan. Im Widder Hotel hatten wir beispielsweise bis vor 3 Jahren 145 Mitarbeiter, 2014 sind wir bei 119 angelangt. Doch das Haus muss betrieben werden, es ist aufwendig im Unterhalt und in der Logistik. Das geht nur mit Manpower. Wir können nicht unendlich an der Kostenschraube drehen. Vielmehr müssen wir neue Märkte erschliessen. Das ist nur nicht so einfach und braucht Zeit.

Zu einem ihrer wichtigsten Märkte zählt Russland. Im vergangenen Jahr war jedoch erstmals seit 2009 ein Rückgang russischer Gäste festzustellen.
Russland hat in den vergangenen Jahren stark steigende Marktanteile verzeichnet. Doch durch die Ukraine-Krise und der Skepsis gegenüber Europa haben wir hier Rückschläge erlitten. Doch Rückschläge gibt es immer wieder. Auch Brasilien haben wir die letzten fünf Jahre aktiv beworben und jetzt ist das Land in der Krise. Die Rückgänge konnten wir allerdings durch Wachstum in den USA und China etwas abfedern.

Auch die Zahl der Gäste aus dem europäischen Ausland war 2014 insgesamt rückläufig. Insbesondere die Nachfrage aus Deutschland sank, dies bereits zum sechsten Mal in Folge. Woran liegt das?
Die Bankenkrise und nun auch die Quasi-Auflösung des Schweizer Bankgeheimnisses waren für uns fatal. Unser Hotel mitten in der Zürcher Altstadt und im Bankenviertel war ein Treffpunkt für die Branche. Ob interne Anlässe, Kundenmeetings oder auch mal eine Feier in der Bar: Das Widder Hotel lag inmitten der boomenden Finanzwelt. Das hat sich geändert. Auch Bankkunden aus Deutschland, die wir drei- bis viermal im Jahr sicher hatten, die ihre Bankgeschäfte in Zürich oder in der Schweiz nachgingen, ihr Geld abholten und in der Bahnhofsstrasse wieder ausgaben – die sind weniger geworden. Dabei sind die Deutschen sehr dankbare Kunden, sie haben gewisse Ansprüche an sich selbst und eine Wertschätzung für Qualität.

Kommen seit dem Ende des Euro-Mindestkurses noch weniger deutsche Gäste?
Das stellen wir aktuell nicht fest.

Stattdessen kommen immer mehr Gäste aus den Golfstaaten. Der Anstieg lag 2014 bei fast einem Viertel.
Für die Araber ist die Schweiz ein bisschen «Heaven on earth». Sie bietet Sicherheit und hat zudem angenehmere klimatische Verhältnisse. Gerade im Sommer haben wir viele Gäste aus den Golfstaaten. Vor allem die junge Generation interessiert sich und hat Spass am westlichen, europäischen Design, an der Modernität.

Insgesamt war das Jahr 2014 für Sie ganz erfolgreich. Umsatz und die Anzahl Logiernächte stieg leicht an, allerdings gehörten dem Verband im letzten Jahr 39 Luxushotels an, während es 2013 erst 38 Betriebe gewesen waren. Wie ist ihr Ausblick für den kommenden Sommer?
Unsere Hotels schauen mit einer gewissen Skepsis auf den Sommer und in die Zukunft. Einige Mitglieder überlegen, ob sie ihren Betrieb überhaupt vollständig öffnen oder nur einen Teil des Hauses betreiben sollen, um so die geminderte Nachfrage abzufedern. Wenn man günstig in ein schönes Ressort auf die Malediven oder in die Karibik fliegen kann, dann überlegt sich der potenzielle Gast, ob er in die teure Schweiz reist.

Und wie blicken Sie in die Zukunft?
Ich bin Optimist. Ich versuche immer auch einer erschwerten Situation etwas Positives abzuringen. Ich will die Situation nicht dramatisieren. Es ist nicht einfach. Aber ich habe viele Krisen erlebt, nach denen wir uns wieder aufgebäumt haben. Das wird diesmal auch so sein.