In den letzten Wochen häuften sich die Meldungen zu Unternehmen, die im Metaverse eine wichtige Anwendung der Zukunft sehen. Am Dienstag gab der amerikanische Banken-Gigant JPMorgan bekannt, eine virtuelle Filiale in Decentraland zu eröffnen. Decentraland ist eine 3D-Plattform, die aus rund 90’000 Parzellen virtuellen Landes besteht.

Doch nicht nur eine der grössten Banken der Welt hält anscheinend grosse Stücke auf das Metaverse. Die erweiterte Realität des Internets zieht auch Blackrock in den Bann. In einem Investorenpapier ruft der grösste Vermögensverwalter der Welt zu Investitionen rund um das Metaverse auf. «Wir wissen, dass es gross werden wird, aber wir wissen noch nicht genau, in welchem Ausmass sich dieser Wandel vollziehen wird», heisst es bei Blackrock. Beim amerikanischen Vermögensverwalter sitzt übrigens Philipp Hildebrand, Ex-Nationalbank-Präsident, im Board. Laut dem Vermögensverwalter scheint das Momentum für das Metaverse im Jahre 2022 vorhanden zu sein. 

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Dafür gibt es laut Blackrock drei entscheidende Gründe:

  • Die Hardware, also AR-Brillen, aber auch die 5G-Technologie werden alltagstauglich und sind einfacher anwendbar.
  • Die Pandemie hat das digitale Arbeiten, aber auch den digitalen Alltag befeuert und die Menschen dazu gebracht, von zu Hause aus zu arbeiten, zu shoppen und sich zu unterhalten.
  • Die allseits verbreiteten Kryptowährungen ermöglichen globale und nahtlose Transaktionen.

Weitere Treiber für ernsthafte Überlegungen zu Investitionen ins Metaverse sind die Aussichten der grossen Tech-Plattformen wie Facebook: Sie prophezeien, dass bis Ende des Jahrzehnts über eine Milliarde Menschen im Metaverse aktiv sein könnte. Deshalb setzen Facebook und Co. einen beträchtlichen Teil ihrer Ressourcen zur Entwicklung ihrer Aktivitäten im Metaverse ein, um von Anfang an dabei zu sein. Facebook hat sich deshalb im vergangenen Jahr in Meta umbenannt. 

HAIKOU, CHINA - SEPTEMBER 22: A technician shows AR glasses at HNA Aviation Technic Co., Ltd. on September 22, 2020 in Haikou, Hainan Province of China. With the help of 5G network and AR glasses, maintenance technicians can receive remote technical support from engineers while repairing airplanes. (Photo by VCG/VCG via Getty Images)

Ein chinesischer Techniker arbeitet mit einer AR-Brille. Diese Technologie wird in Zukunft noch ausgereifter werden. 

Quelle: VCG via Getty Images

5G und Krypto als Treiber

Nigel Bolton ist Co-Chief Investment Officer der Fundamental Equity Group von Blackrock und Experte für Aktienfondsmanagement. Er beobachtete vor allem eine Entwicklung, die nun zum Tipping Point für den Durchbruch des Metaverse werden könnte: Covid-19. Die Pandemie habe die Erwartungen der Menschen an Technologien «total verändert» und ihren Alltag «entscheidend umgekrempelt». Die Menschen würden inzwischen auf allen Ebenen des Lebens digitale Plattformen und virtuelle Interaktionen akzeptieren und nutzen. Das werde sich künftig nicht wieder ändern, sondern noch mehr verstärken. 

Das Metaverse sei eine logische Weiterentwicklung dieses Bedürfnisses. «Es ist längst nicht mehr nur eine Nischenanwendung von Teenagern, die dort Games spielen, sondern weitet sich rasant auf andere Bereiche aus», ist Bolton überzeugt. Das Metaverse wird in der Welt des Konsums eine immer wichtigere Rolle spielen. Die Leute könnten durch virtuelle Avatare neue Erlebnisse des Shoppings kennenlernen oder sich dank virtuellen Räumen zu Business-Meetings verabreden. 

Entscheidend für eine Massentauglichkeit sei die Technologie, sagt Bolton. «5G und AR-Brillen, an denen zurzeit viele Unternehmen arbeiten, werden den Eintritt in das Metaverse zugänglich machen», so der Experte. Blackrock glaubt, dass der entscheidende Durchbruch von AR-Brillen vielleicht schon Ende 2022 gelingen kann. Die Träger dieser «leichten und smarten Brillen» könnten dabei chatten, spielen, News anschauen oder Konzerte besuchen. «VR-Brillen werden wahrhaftig in den Alltag integriert und helfen den Menschen wie heute das Smartphone.»

Nigel Bolton

Nigel Bolton ist Co-Chief Investment Officer der Fundamental Equity Division von Blackrock und Leiter des Fundamental European Equity Team von Blackrock. 

Quelle: ZVG

Zulieferer gefragt

Die Herstellung von AR-Brillen, die tragbar und modisch sind und uns in das Metaversum führen können, erfordert eine neue Generation von Chips, Batterien und Linsen. Dort sieht Blackrock zurzeit die grössten Investitionsmöglichkeiten. Deshalb liege der Fokus zurzeit vor allem bei Unternehmen, die den amerikanischen Tech-Giganten das nötige Equipment liefern können, welche diese für Brillen und Headsets benötigen. «Es gibt Dutzende Unternehmen, die Linsen für AR-Brillen liefern, aber auch Agenturen, die im Metaverse Werbekampagnen lancieren und Consumer-Brands vorantreiben», sagt Bolton. 

Die First Mover seien laut Bolton die grossen Tech-Companys, aber es seien auch zahlreiche Unternehmen, die bei der Gestaltung des Metaverse mitwirken können, in Europa angesiedelt. In den Technologie-Fonds von Blackrock würden immer mehr Firmen auftauchen, die als Zulieferer dienen. Das Metaverse sei jetzt an einem Punkt angelangt, der an das Internet Anfang der 2000er Jahre erinnert. Auch damals habe man nicht genau gewusst, wie schnell es geht und wann der Durchbruch kommt – «aber man wusste, es wird gross werden», so der Investment-Experte.

Schweiz kann eine Schlüsselrolle einnehmen

Bolton nennt zwar keine Unternehmen beim Namen, schreibt dem Standort Schweiz aber grosse Chancen beim Thema Metaverse zu. Dank der ETH und anderen Spitzenforschungsstätten habe die Schweiz ein grosses Potenzial, bei der Entwicklung von Technologien ganz vorne mitzuspielen, so Bolton. «Die Schweiz könnte zum Meta Valley werden.»

Sobald die Technologie reif genug ist, sie im Alltag zu verwenden – ähnlich wie heute das iPhone –, würden die Leute mehr Zeit auf Videostreaming- und Gaming-Plattformen verbringen. Dabei sei Blackrock auch von Unternehmen fasziniert, welche eine tragende Rolle beim «Aufbau des Metaverse spielen und virtuelle Welten erschaffen». Wie vor 15 Jahren beim E-Commerce sei es entscheidend, von Anfang an dabei zu sein, sagt Bolton. Die Ersten haben am meisten Aussicht auf Revenue im Metaverse. Blackrock streicht dabei vor allem auch die Luxusgüterindustrie heraus, die in der Schweiz durch Richemont sowie die Uhrenindustrie stark vertreten ist. Modemarken würden bereits virtuelle Kleider und Schuhe im Wert von mehreren tausend Dollar im Metaverse verkaufen. Aber auch Online-Dating könnte durch Virtual Reality (VR) attraktiver gestaltet werden sowie auch VR-Konzerte mit Avatars und virtuellen Stars.

Doch nicht nur beim Thema Unterhaltung werde das Metaverse in ein paar Jahren eine tragende Rolle spielen. Ein weiteres Anliegen sei Nachhaltigkeit: «Reisen wird künftig teurer werden. Durch virtuelle Zusammenkünfte könnte man solche Reisen vermeiden und die CO2-Emissionen reduzieren», sagt Bolton. Das Metaverse könne dazu beitragen, die Klimaziele zu erreichen, ist Bolton überzeugt.