Der Berner Extrembergsteiger Ueli Steck ist tot. Er stürzte am Sonntagmorgen (Ortszeit) beim höchsten Berg der Welt, am Mount Everest, 1000 Meter in die Tiefe. Der 40-Jährige befand sich auf einer Vorbereitungstour zur Akklimatisierung für seine Expedition.

Steck war allein unterwegs, als er zwischen Camp I und Camp II am Fusse des Everest 1000 Meter in die Tiefe stürzte, wie Mingma Sherpa von «Seven Summits Trecks» in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu der Nachrichtenagentur sda am Telefon sagte. Die Firma hatte Stecks letzte Expedition in den Himalaya mitorganisiert.

Steck sei gegen 10 Uhr verunglückt. Er und sein Team seien sehr traurig über den Verlust eines «ausgezeichneten Bergsteigers und sehr netten Menschen», sagte Mingma Sherpa.

Aufstieg zum Mount Nuptse

Über den Unfall berichtete zuerst die nepalesische Zeitung «The Himalayan Times». Demnach fand ein Team aus sechs Rettern den Verunglückten. Ein Helikopter barg die Leiche. Bergsteiger hätten Steck am frühen Morgen gegen 4.30 Uhr beim Aufstieg zum Mount Nuptse (7861 über Meer) beim Everst gesehen.

Stecks Sprecher Andreas Bantel bestätigte den Tod des Bergsteigers. Dessen Familie sei unendlich traurig, hiess es in einer Erklärung. Die genauen Umstände des Unfalls seien unbekannt. Sobald gesicherte Erkenntnisse vorlägen, würden diese mitgeteilt. Die Familie bat darum, auf Spekulationen zu verzichten.

Beerdigung in Nepal

Die Familie reise nun nach Nepal, sagte Bantel weiter. Es sei ihr Wunsch, dass Steck dort beerdigt werde. Steck habe das Land geliebt und dort viele Freunde gehabt. Die Beerdigung wird schon in den nächsten Tagen stattfinden - wie es im buddhistisch geprägten Land üblich ist. Später ist auch eine Feier in der Schweiz geplant.

Die Schweizer Botschaft in Kathmandu wurde am Sonntag durch die nepalesischen Behörden vom Tode Stecks ebenfalls in Kenntnis gesetzt, wie EDA-Sprecher Tilman Renz auf Anfrage sagte.

Steck befand sich seit Anfang April am Mount Everest. Er wollte zunächst den 8848 Meter über Meer liegenden Gipfel besteigen und von dort so rasch wie möglich zum daneben gelegenen Lhotse (8511 Meter über Meer) weiter gehen. Die Tour wollte er ohne Sauerstoffflasche absolvieren.

«Irgendwann riskierst du so viel, dass es knallt»

Im «Tages-Anzeiger» vom 31. März hatte Steck, der sich als «athletischen Alpinisten» verstand, über seine Vorbereitungen berichtet. Die Leistung, nicht der Gipfel, stehe für ihn im Vordergrund. «Mit meinem Leistungsdenken setze ich mich unter Druck», sagte er der Zeitung. «Entsprechend viel Risiko gehe ich dann ein.»

Der 40-Jährige fragte sich angesichts der Tatsache, dass viele Alpinisten zwischen 40 und 45 Jahren verunglückt sind auch, «ob ich mich aus diesem Game nehmen muss». Es falle aber schwer, weil sich die abnehmende Fitness lange mit einem höheren Risiko ausgleichen lasse. «Doch die Entwicklung ist dann absehbar: Irgendwann riskierst du so viel, dass es knallt.»

Steck wollte diesem Risiko mit hartem und gezieltem Training begegnen. Doch sagte er auch: «Scheitern heisst für mich: Wenn ich sterbe und nicht heimkomme.»

Bundesrat Parmelin würdigt Steck

Sportminister Guy Parmelin schrieb in einer Stellungnahme, leider sei Stecks Aussage nun «zur traurigen Prophezeiung» geworden. Der Bundesrat sprach den Angehörigen sein Beileid aus.

«Steck war einer der Besten, verschob Grenzen, und doch blieb er immer bescheiden», schrieb Parmelin und würdigte Stecks «Leistungen, seine Willenskraft und seine Haltung». Steck sei seine Aufgaben «mit höchstem Respekt und Sorgfalt» angegangen.

«Zwei Seelen in seiner Brust gehabt»

Auch Sportlerkolleginnen und -kollegen reagierten traurig. Die Nidwalder Bergführerin und Extremsportlerin Evelyne Binsack nannte Stecks Tod auf blick.ch «eine Katastrophe». Steck habe vermutlich «zwei Seelen in seiner Brust gehabt».

Eine Seite Stecks habe sich «total austesten» wollen. Die andere sei sehr empfindsam und weich gewesen. «Er hat sicher polarisiert. Aber wenn er etwas gemacht hat, dann hat er auch den ganzen Weg dorthin gemacht», sagte sie. «Er war nicht einer, der einfach nur geplappert hat.»

Inspiration für viele Sportler

«Ueli hat immer im Grenzbereich gelebt. Aber warum musste er jetzt so sterben, wo er sich nicht in unmittelbarer Gefahr oder am Limit befand?», sagte Ski-Legende Bernhard Russi der sda. Er sei am Boden zerstört.

Nino Schurter, Olympiasieger von Rio de Janeiro und vierfacher Weltmeister im Mountainbike, würdigte Steck auf Twitter als einen der «inspirierendsten Sportler».

Über Twitter meldete sich auch Nicola Spirig zu Wort. Steck sei ein «extrem inspirierender Sportler und Mensch» gewesen, schrieb die Olympiasiegerin im Triathlon von London 2012.

Um 18.50 zeigt SRF eine Sondersendung von «Glanz und Gloria» zum verstobenen Bergsteiger. Studiogast ist Evelyne Binsack.

(sda/gku)

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