Die WTO gilt als Wächter und Streitschlichter im weltweiten Handel. Führungskräfte der Welthandelsorganisation betonen allerdings, dass die Institution traditionell von ihren 164 Mitgliedern getrieben wird - und keine eigenen politischen Ziele verfolgt. «Was soll denn da immer das Gerede vom zahnlosen Tiger», sagt eine Person auf dem engeren WTO-Umfeld dünnhäutig. Die Organisation könne nur so stark sein, wie es die Mitglieder zuliessen.

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Dieses Problem geht nicht auf US-Präsident Donald Trump zurück, einer der schärfsten Kritiker der WTO. Schon davor waren die nationalen Interessen immer wieder sehr stark ausgeprägt. Jetzt könnte es aber um noch mehr gehen - nämlich die Existenzberechtigung der Institution. Schliesslich sind die USA das größte und wichtigste Mitgliedsland. Die Regierung in Washington steuert auch den grössten Teil zum Budget der WTO bei, mehr als zehn Prozent. Ein «Desaster» nannte Trump die WTO regelmässig im Wahlkampf. Immer wieder deutet der Republikaner, der einen weltweiten Handelskrieg vom Zaun gebrochen hat, die Möglichkeit eines Austritts an.

Für Trump steht die WTO für einen falschen Weg: für Multilateralismus, den Interessensausgleich zwischen vielen Ländern durch Verhandlungen, und für weltweite Handelsvereinbarungen, bei denen die USA aus Trump-Sicht bislang immer draufzahlten. Die WTO verkörpert die Idee, dass im Handel alle gewinnen, wenn man den einzelnen Ländern erlaubt, ihre jeweiligen Vorteile auszuspielen - zum Beispiel spezielle Rohstoffvorhaben, besondere technologische Fähigkeiten oder auch Arbeitskräfte in bestimmten Bereichen. Doch genau dieser Grundthese widerspricht der US-Präsident. Für ihn gibt es im Handel Gewinner und Verlierer.

Was macht die WTO genau?

Sie versteht sich als Rahmen, in dem Regierungen Handelsvereinbarungen schließen. Sie ist zudem der Ort, an dem Handelskonflikte zwischen Ländern über ein fest verankertes Schiedssystem mit einer Berufungsinstanz gelöst werden können. Und sie ist der Platz, an dem wesentliche Regeln des freien Handels verankert sind und überwacht werden. Dazu zählen verbindliche Zusagen der Mitgliedsländer, von ihnen hinterlegte Zoll-Obergrenzen für alle Arten von Produktgruppen einzuhalten.

Die Organisation wurde 1995 gegründet, entstand aus den Verhandlungen über ein Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT). Die Rufe nach einer Reform sind zuletzt allerdings lauter geworden. Das gilt spätestens, seitdem die 2001 gestartete Doha-Runde, deren zentrales Ziel ein umfassender Abbau von Handelshürden in der Welt und eine bessere Einbeziehung der Entwicklungsländer in den globalen Handel war, in eine Sackgasse geraten ist. Seitdem wachsen die Zweifel, ob mulilaterale Vereinbarungen unter dem Dach der WTO angesichts der starken Interessensgegensätze noch ein realistischer Weg sind.

Verständigung zwischen EU und USA

Als Trump am vergangenen Mittwoch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine überraschende Verständigung im aktuellen Handelskonflikt fand, betraf dies auch die Genfer Institution. «Wir werden mit gleichgesinnten Partnern eng zusammenarbeiten, um die WTO zu reformieren», sagte Trump. Wie das aussehen könnte, ist allerdings nur unscharf zu erkennen.

Trump liess nur ein paar Stichworte fallen, um die sich die WTO stärker kümmern sollte: Diebstahl geistigen Eigentums, erzwungene Technologietransfers, Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Firmen, Subventionen in der Industrie sowie Überkapazitäten. Die «Wirtschaftswoche» berichtete zudem zuletzt aus einem EU-Papier einige Richtungsvorgaben. Dazu gehören unter anderem schnellere WTO-Entscheidungen in Streitfällen oder eine personelle Aufrüstung im Bereich des Schiedsgerichtssystems.

(reuters/mlo)