1988 machten sich die Schöpfer der «Star Trek»-Anthologie Gedanken über eine Welt ohne Geld. In Episode 26 der ersten TV-Staffel lassen sie die Crew um Captain Picard im All einen alten Satelliten einsammeln. Darauf finden sie drei Menschen, die sich im 20. Jahrhundert hatten einfrieren lassen. Nach der Reanimation fordert einer von ihnen, ein Finanzmakler, sofort zu seiner Bank gebracht zu werden. Er müsse sich um sein Vermögen kümmern. «Wir sind im 24. Jahrhundert, materielle Nöte existieren nicht», klärt ihn Jean-Luc Picard auf. «Was hat man da noch für ein Ziel?», fragt der Aufgetaute aus der Vergangenheit. Antwort: «Sie können sich weiterentwickeln, ihr Wissen vergrößern. Das ist ein Ziel.»

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Eine Gesellschaft, die bislang durch und durch von Geld gestaltet, bestimmt und reguliert wird, wird eine grundlegend andere sein, sobald die Dollar-, Euro- und Yuán-Zeichen aus dem täglichen Leben verschwinden. Sie wird sich wandeln zu einer Gesellschaft des Teilens, des Tauschens und der Talente.

Profitmaximierer gehen, Sozialisierer kommen

Der Banker steht nicht mehr deswegen hoch um Kurs, weil er Millionenkredite vergibt und sich selbst ein Millionenvermögen zusammenverdient hat. Er ist gefragt, weil er ein guter Organisator ist und jetzt Krankenhäuser managt. Der Steuerberater ist nicht mehr wohl gelitten, weil er mit gerissenen Finanztricks hilft, sondern weil er fabelhaften Honig, schmackhafte Marmelade und hervorragendes Öl herstellt.

Die Finanzbeamtin wird endlich gemocht und hat erstmals Spass an ihrem Job, weil sie sich nun hingebungsvoll mit behinderten Kindern beschäftigen kann. Und der Ingenieur, dessen visionäre Vorschläge in einem allein auf Profit getrimmten Grosskonzern nicht gehört wurden, kann nun in einem Unternehmen, das auf gesellschaftlichen Nutzen setzt, seine Ideen für neue Technologien voll zur Entfaltung bringen.

Kurz: Finanzberufe sterben, Sozialberufe blühen. Profitmaximierer gehen, Sozialisierer kommen. Dienst nach Vorschrift ist am Ende, die Kreativen kriegen ihre Chancen. Aus Leistungsgesellschaft wird Gesellschaftsleistung.

Ideen als Vorläufer von Innovationen

Der kalifornische Investmentberater Joseph Alexopoulos hält Vorträge darüber, welche Vorzüge eine Gesellschaft der Talente, er nennt es «resource based economy», gegenüber der aktuellen profitgeprägten Gesellschaft, er nennt es «mad economy», hat. «Das Grösste, das uns in unserem aktuellen System verloren geht, sind Ideen», sagt er.

«Ideen sind aber die Vorläufer von Innovationen. Wir verschwenden Milliarden von Leben, Billionen von Stunden, die unseren Lebensstandard nachhaltig auf ein Niveau erhöhen würden, das uns heute unvorstellbar erscheint. Weil eine neue Technologie ein existierendes Profitmodell zerstört, wird die Innovation unterm Deckel gehalten. Wirklich neue Technologien vermögen es gar, die Preise fallen zu lassen, wie bei einer Hyperdeflation. Geld würde irrelevant. Stellen Sie sich eine ressourcenbasierte Gesellschaft vor! Ein solches System hält keine Ideen zurück, es fördert sie. Wir können die Richtung ändern!»

Für solche Thesen erntet Alexopoulos kräftigen Applaus. Auch dafür, dass er vorgibt, nicht zu verstehen, dass ständig niedrige Arbeitslosenzahlen bejubelt werden. «Warum, wenn Leute Jobs tun müssen, die sie gar nicht tun wollen?»

Für Geld muss man alles tun

In der Tat bleibt einem Menschen im Jahr 2015 nichts anderes übrig, als zu dienen und zu verdienen, um zu überleben. Er prostituiert sich, verkauft seine Lebenszeit, seine Intelligenz, seine Kraft und bekommt Geld dafür.

Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts YouGov von 2013 sind aber bereits 50 Prozent aller deutschen Arbeitnehmer mit ihrer Jobsituation unzufrieden. Eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) aus demselben Jahr fand heraus, dass lediglich fünf Prozent der Angestellten ihren Job lieben. Für Geld tut man alles. Oder eher: Für Geld muss man alles tun.

Ohne Geld entfällt der Zwang

In einer Gesellschaft ohne Geld entfällt der Zwang, eine Stelle nur aus materieller Not heraus anzunehmen. Man hat keinen Beruf, man folgt seiner Berufung. Gleichzeitig richten sich soziales Prestige und Status nicht mehr nach finanziellem Vermögen. Stattdessen wird man an persönlichen Fertigkeiten und Fähigkeiten, Sozialverhalten und Seelenbildung gemessen, daran, was jeder einzelne in die Gemeinschaft mit einbringen und anbieten kann.

Oben und Unten sind plötzlich auf Augenhöhe, alle Talente stehen auf einmal zur freien Verfügung. Sämtliche wirtschaftlichen und sozialen Blockaden, die das Geld beziehungsweise seine Vermehrer geschaffen haben, sind aufgehoben. Die Konsequenz: zwangsläufig zufriedenere und gesündere Menschen, friedvolleres und verantwortungsvolleres Zusammenleben, technologischer Aufschwung im Sinne des Allgemeinwohls und eine höhere Qualität von Produkten – weil sie die Menschen endlich mit Leidenschaft herstellen.

Eine Agentur für Arbeit, wie sie heute die Arbeitslosen verwaltet, ist bei derartigen Zuständen obsolet. Eine Talentagentur führt ausnahmslos alle Bürger in ihrem Register – von A wie Altenpfleger bis Z wie Zimmermann. Jeder Arbeitsfähige kann mehrere Talente angeben, das heisst sich für verschiedene Tätigkeiten empfehlen. Für unterbesetzte Berufe mit schlechtem Image gibt es eine Art Zivildienst, den jeder einmal im Jahr für eine Woche leisten muss. Das erdet und schützt davor, sich in einem Anflug von Elitendünkel aus der gesellschaftlichen Verantwortung zu stehlen.

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