Ein stärkerer politischer Einfluss auf die Geldpolitik könne die Aufgabe der Währungshüter erschweren, für stabile Preise zu sorgen, führte Lagarde per Videobotschaft auf einer Veranstaltung der ungarischen Notenbank am Montag in Budapest aus. «Während neuere Untersuchungen darauf hindeuten, dass nach geltendem Recht die Unabhängigkeit der Zentralbanken noch nie so weit verbreitet war wie heute, besteht kein Zweifel daran, dass die tatsächliche Unabhängigkeit der Zentralbanken in mehreren Teilen der Welt infrage gestellt wird.» Es gebe Hinweise darauf, dass politischer Einfluss auf Notenbank-Beschlüsse erheblich zu wirtschaftlichen Schwankungen beitragen könne.
Trump fordert tiefere Zinsen
Vergangene Woche hatte US-Präsident Donald Trump die US-Notenbank Federal Reserve dazu gedrängt, die Leitzinsen zu senken. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos forderte er in einer Videoübertragung niedrigere Zinsen. "Angesichts der sinkenden Ölpreise verlange ich eine sofortige Senkung der Zinsen, und ebenso sollten sie überall auf der Welt sinken." Trump legte zudem bei einer Veranstaltung im Weissen Haus mit Blick auf Federal-Reserve-Chef Jerome Powell nach. «Ich denke, ich kenne die Zinssätze viel besser als sie, und ich denke, ich kenne sie mit Sicherheit viel besser als derjenige, der in erster Linie für diese Entscheidung verantwortlich ist.»
Lagarde zufolge wurde festgestellt, dass anhaltender politischer Druck auf eine Notenbank das Niveau und die Volatilität von Wechselkursen, Anleiherenditen und der Risikoaufschläge beeinflusst. Es bleibe unbedingt erforderlich, dass Notenbanken die Unabhängigkeit haben, ihre Mandate zur Sicherung der Preisstabilität vollständig zu erfüllen. Für die EZB-Chefin steht fest: «Preisstabilität bildet die Grundlage, auf der andere strategische Ziele erreicht werden können.»
Fed und EZB entscheiden diese Woche
Der nächste Zinsentscheid der Federal Reserve steht bereits diesen Mittwoch an. Von Reuters befragte Experten erwarten einhellig, dass die Währungshüter nach der jüngsten Zinssenkung vom Dezember eine Pause einlegen und die Zinsspanne im Korridor von 4,25 bis 4,50 Prozent belassen werden. Die Europäische Zentralbank (EZB) folgt dann einen Tag später mit ihrem Zinsbeschluss. Laut einer Reuters-Umfrage gehen alle 77 befragten Volkswirte davon aus, dass die EZB den Einlagensatz - der richtungsweisende Zins für die Euro-Zone - am Donnerstag um einen viertel Prozentpunkt auf 2,75 Prozent nach unten setzen wird. (Reuters/hzb/pg)