Die amerikanische Notenbank hat ihre Leitzinsen zu Jahresbeginn die vierte Sitzung in Folge unverändert belassen. Und in der Lagebeurteilung wurde der mögliche Bedarf weiterer Zinserhöhungen gar nicht mehr erwähnt. Der Fokus liegt nun klar auf dem «richtigen» Zeitpunkt für die Umkehr des Zinszyklus.

Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell sieht die Preisdaten der letzten Monate eigentlich bereits konsistent mit dem Inflationsziel. Allerdings will der Offenmarktausschuss (FOMC) noch zuversichtlicher werden, dass der Preistrend mit der anhaltend robusten Konjunktur auch tatsächlich auf Kurs bleibt. Eine erste Zinssenkung bereits im März sei deshalb nicht das Basisszenario der Notenbank.

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Viel länger wolle man auf der anderen Seite aber ebenfalls nicht zuwarten. Denn die Geldpolitik ist aufgrund des hohen Zinsniveaus in Kombination mit der stark rückläufigen Inflation überaus restriktiv. Dies könne die Konjunktur unnötig belasten. Solange die US-Wirtschaft ihren ruhigen Landeanflug fortsetzen kann, plädieren zahlreiche FOMC-Mitglieder für eine vorsichtige Lockerung – was ähnlich wie in unserem Basisszenario spätestens ab Juni kleine Zinsschritte nicht bei jeder Sitzung bedeuten würde.Wird der Landeanflug im Jahresverlauf aber doch holpriger als erhofft, kann es schnell auch zu einer schnelleren Gangart kommen. Die zuletzt sogar teilweise wieder robusteren Konjunkturindikatoren weisen derzeit jedoch keineswegs auf eine abrupte US-Konjunkturschwäche hin.

Datenabhängige EZB

Die EZB hat ihre Leitzinsen bei der ersten Sitzung des Jahres ebenfalls bestätigt. Dabei wurde genauso die Einschätzung bestätigt, dass das aktuelle Leitzinsniveau, wenn es für einen ausreichend langen Zeitraum beibehalten wird, einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung des Inflationsziels leistet. Ähnlich wie bei der Fed wird der Zeitraum bisher allerdings noch nicht als genügend lange eingeschätzt, um ausreichend Zuversicht für das Erreichen des Inflationsziels zu haben.

Insbesondere bei den hartnäckigeren Preissteigerungen im Dienstleistungssektor will die EZB noch mehr Evidenz für einen nachhaltig nachlassenden Preisdruck haben. Dafür will sie in den kommenden Monaten speziell die Lohndaten analysieren. Die EZB-Präsidentin bestätigte ihre Einschätzung vom WEF, dass bis zum Sommer ausreichend Informationen für die Lohndynamik im ersten Quartal vorliegen sollten.

Wenn die ersten Zeichen für ein rückläufiges Lohnwachstum bestätigt werden, dürfte auch die EZB noch vor der Jahresmitte den Startschuss für kontrollierte Zinssenkungen geben. Lagarde betonte allerdings auch, die EZB-Politik sei nicht kalenderabhängig, sondern datenabhängig. Schwächer als erwartete Konjunkturdaten schliessen damit einen ersten Zinsschritt im April nicht aus. Aber obwohl die Eurozone im Gegensatz zu den USA weiter mit einer Rezession flirtet, präsentiert sich die Situation am Arbeitsmarkt auch in Europa recht robust, ohne Anzeichen für weitreichende Entlassungen.

SNB besorgter um Franken

Bei der SNB steht die erste Lagebeurteilung in diesem Jahr erst im März an. Bei der letzten vierteljährlichen Sitzung im Dezember beurteilte das Direktorium die geldpolitische Ausrichtung als angemessen. Die mittelfristige Inflationsprognose wurde tiefer unter den oberen Rand des Zielbandes auf 1,6% gesenkt. Dies war aber nicht tief genug, um Zinssenkungen bereits in Betracht zu ziehen, nicht zuletzt, weil verzögerte administrierte Preiserhöhungen noch Risiken für Zweitrundeneffekte bergen.

Die Konsumentenpreiszahlen für Januar sind jedoch erneut milder als erwartet ausgefallen. Trotz der Mehrwertsteuererhöhung hat sich vor allem die Desinflation bei langlebigeren Konsumgütern fortgesetzt. Und die Verkaufspreiserwartungen im Schweizer Dienstleistungssektor lassen anders als in den USA und der Eurozone ebenfalls keinen Nachschlag erkennen.

Der Inflationsausblick dürfte der SNB also zunehmend weniger Sorgen bereiten. Dafür bereitet die reale Aufwertung des Frankens, und die damit verbundenen negativen Effekte für die Schweizer Industrie, zunehmend mehr Sorgen. Als EUR/CHF zum Jahreswechsel die Marke von 0,93 durchbrochen hatte, merkte Thomas Jordan an, dies könne die Einschätzung, dass die geldpolitische Ausrichtung angemessen ist, ändern. Auf jeden Fall stehen Devisenverkäufe seit Dezember nicht mehr im Fokus der SNB. Die Bilanzdaten weisen zum Jahresende auf keine weiteren Verkäufe mehr hin.

Wenn überhaupt dürfte die SNB mittlerweile eher wieder geneigt sein, in begrenztem Ausmass Devisenkäufe einzusetzen, um einer noch stärkeren realen Aufwertung des Frankens entgegenzuwirken. Wegen der anhaltend entspannten Preisdaten besteht aber auch mehr Spielraum für die Schweizer Notenbanker, bei Bedarf die Zinsen ebenfalls schneller wieder zu senken, auch wenn das im Vergleich moderate Zinsniveau eigentlich den geringsten Bedarf unter den Notenbanken bedeutet. Eine erste Zinssenkung ist also auch von der SNB noch vor der Jahresmitte nicht auszuschliessen.

Kein Abwärtspotenzial bei Zinsen

An den Zinsmärkten ist ein «aggressiveres» Vorgehen der SNB sowieso seit einiger Zeit eingepreist. Dort geht man bis Jahresende von einem Leitzins von 1,0% aus. Die Marktzinserwartungen spiegeln sich entsprechend in niedrigeren Langfristzinsen wider. Der 10-Jahres-Swapsatz hat seit dem Herbst von knapp 2% auf gut 1,2% korrigiert. In unserem Basisszenario mit etwas weniger raschen SNB-Zinssenkungen sehen wir bei Raiffeisen in den nächsten Monaten deshalb kein nennenswertes weiteres Abwärtspotenzial. Für nochmals deutlich niedrigere Zinsniveaus am langen Ende bräuchte es wohl schon einen stärkeren Konjunktureinbruch.

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