Europa bleibt sein Krisenthema Nummer 1 auch in der politischen Sommerpause erhalten. Griechenlands wirtschaftliche Rettung steht weiter Spitz auf Knopf. Sollte das Schreckensszenario eines Grexit in den krisenmüden europäischen Hauptstädten in der Euphorie über den Beginn neuer Verhandlungen in Vergessenheit geraten sein: Spätestens mit einer Wortmeldung aus Washington dürfte sich das geändert haben.

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Ein ranghoher Vertreter des Internationalen Währungsfonds (IWF) liess bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten am Donnerstag nämlich in seltener Deutlichkeit durchblicken, dass der zahlungskräftige Partner aus Washington sehr genaue Vorstellungen darüber hat, unter welchen Bedingungen er ein drittes Mal Milliarden für ein neues Hilfspaket für Athen locker machen wird.

Das lässt auch in Berlin aufhorchen, denn die deutsche Bundesregierung und viele Abgeordnete halten die Beteiligung des Fonds für zwingend notwendig. Düster fragte aber auch Griechenlands Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis in seinem Blog: «Wird der IWF Sand ins Getriebe streuen, wie ich es befürchtet habe und Dr. Schäuble es erhofft hat?»

«Der Grexit ist vom Tisch»

Denn allen ist klar. Wenn der dritte Akt im Drama um die finanzielle Rettung Griechenlands misslingt, steht ein alter Bekannter wieder vor der Tür: Der Grexit, das Ausscheiden des Landes aus dem Euro. Dabei hatte nach dem Gipfel der Euro-Länder am 12. Juli vor allem eine Aussage Hochkonjunktur: «Der Grexit ist vom Tisch».

«Definitiv vom Tisch», sagte gar EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling schob immerhin die Einschränkung «aktuell» nach. Und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel machte klar: «Die Grexit-Option lag zwar auf dem Tisch, aber wir haben uns für eine andere entschieden.» Damit reagierte sie auch auf ihren Finanzminister Wolfgang Schäuble, für den ein Grexit in den Bereich des Möglichen gerückt war.

Viele Warnsignale

Die meisten dieser Äusserungen waren schon zum damaligen Zeitpunkt äusserst optimistisch. Schliesslich einigte man sich lediglich darauf, unter inzwischen von Griechenland erfüllten Bedingungen Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket von bis zu 86 Milliarden Euro aufzunehmen. Alle Beteiligten betonten, dass damit keinerlei Vorentscheidung für eine Einigung gefallen sei.

Warnsignale, dass die Schwerstarbeit scheitern könnte, das Krisenland aus dem Schulden-Morast zu ziehen, gab es zuletzt zahlreich. Dazu gehört die schwer nachvollziehbare kleinteilige Debatte über die Unterbringung der Verhandlungsteams von IWF, EU-Kommission, EZB und Euro-Schutzschirm ESM in Athen, das Ringen um deren Zugriffsmöglichkeiten auf interne griechische Finanzdaten und den Zugang zu entscheidenden Behörden.

Selbst darüber, ob die Verhandlungen bereits im Gang sind oder ob lediglich Vorgespräche geführt werden, rätselte die Öffentlichkeit nach widersprüchlichen Angaben aus Brüssel und Athen tagelang. Alles andere als zuversichtlich stimmen auch der Richtungsstreit zwischen dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras und dem linken Flügel seiner Partei und die Aussicht auf eventuelle Neuwahlen im Herbst.

Der IWF sagte Bekanntes - aber laut und deutlich

Der IWF hat am Donnerstag nun im Kern zwar nur etwas bekräftigt, was er immer wieder erklärt hatte. Er hat noch einmal die Bedingungen ausbuchstabiert, unter denen er als Partner für ein Hilfsprogramm zur Verfügung stände. Allerdings tat er dies in einer bisher nicht gekannten Klarheit: Nur wenn in einem Zwei-Stufen-Modell zunächst ein umfassendes und schlüssiges Reformprogramm erarbeitet wird und dann im zweiten Schritt eine massive Schuldenerleichterung - egal auf welchem Weg - mit den europäischen Gläubigern vereinbart ist, will der Fonds mitmachen, lautete die Botschaft des führenden IWF-Manns.

Solange diese Voraussetzungen nicht gegeben sind - und dies kann einige Monate dauern - gibt es für Griechenland kein Geld mehr aus Washington: Nicht aus dessen gestopptem zweiten Hilfsprogramm und nicht aus einem neuen Programm.

Für die deutsche Bundesregierung und Bundestag birgt das, vor allem die vom IWF entworfene Reihenfolge des Zwei-Stufen-Modells ein massives Problem: Sie müssten im Falle einer Einigung einem neuen Hilfsprogramm zustimmen, ohne zu wissen, ob der IWF an Bord ist. Doch das haben nicht zuletzt zahlreiche Abgeordnete aus dem Regierungslager und die Kanzlerin selbst zur Voraussetzung erklärt. Der Vorhang im neuen Akt des Griechenland-Dramas ist noch lange nicht gefallen - Ende offen.

(reuters/ccr)