Ein weiterer Trend schwappt von Amerika in die Schweiz. Sogenannte Town-Halls, ursprünglich der Begriff für politische Bürgerinnen- und Bürgerversammlungen, halten als Personalevents Einzug in Schweizer Unternehmen. Und das in inflationärem Ausmass.

Firmen laden zur Town-Hall ein, um über die Ergebnisse zu reden und den Mitarbeitenden die Möglichkeit zu geben, mit der obersten Führungsetage direkt zu interagieren. Die Absicht ist zwar löblich, nur verkommen diese Town-Halls zu wenig gehaltvollen Veranstaltungen, in denen kaum Informationen geteilt werden und die Führungsetage sich vor allem selbst inszeniert.

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Es herrscht die Erwartung vor, dass alle Mitarbeitenden an der Town-Hall teilnehmen und währenddessen ihre Arbeit niederlegen. Da geht aber meist nur Arbeitszeit verloren, ohne dass ein sichtbarer Nutzen resultiert.

Town-Halls sind eine Gratwanderung 

Die Idee einer Town-Hall wäre ja, in einem kleineren Rahmen eine direkte Interaktion zu ermöglichen. Doch wenn sich die gesamte Belegschaft versammelt, die Geschäftsleitung auf der Bühne steht und über die Erfolge der Firma referiert, bringt das Angestellte nur wenig weiter.

Einerseits ist der Rahmen zu gross, als dass Mitarbeitende sich effektiv trauen, kritische Fragen zu stellen. Ob sie dann eine zufriedenstellende Antwort von Seiten der Geschäftsleitung erhalten würden, ist die nächste Unbekannte.

Anderseits sollte der Inhalt des Gesagten an Town-Halls über das bereits Bekannte hinausgehen. Wertschätzung zeigt sich, wenn auch einmal etwas Unerwartetes kommuniziert wird, eine kritische Selbstanalyse gewagt wird oder ein tieferer Blick in die Zahlen erfolgt.

Ein persönlicher Rahmen ist nötig

Was also tun, wenn Town-Halls zu Selbstinszenierungen verkommen? Die Antwort ist einfach: weglassen. Wer trotzdem daran festhalten möchte, der beschränkt sich auf zwei bis maximal drei Town-Halls pro Jahr, in denen wichtige Firmennews geteilt werden.

Viel besser jedoch, als die gesamte Belegschaft von der Arbeit abzuhalten oder gar zu riskieren, dass sie nach einer Town-Hall enttäuscht aus dem Raum läuft, weil sie mehr zu erfahren gehofft hat, sind persönliche Gespräche mit dem Kader. Viele Chefinnen und CEOs von Schweizer Firmen machen es bereits vor: Sie touren durch die Schweiz, besuchen die verschiedenen Standorte und treten dort in kleinem Rahmen in direkten Kontakt mit einem Team.

Hier können die Angestellten die Fragen stellen, die ihnen unter den Nägeln brennen. Ausserdem zeigt der Auftritt der Führungsperson im Büro, dass sie die Arbeit eines jeden und einer jeden schätzt und alle Mitarbeitenden wichtig sind für den langfristigen Erfolg einer Firma. Das ist gelebte Führung – und nicht die Selbstinszenierung auf der Bühne.

Tina Fischer
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