Beinahe hätte die gelernte Möbeltischlerin eine Karriere als Innenarchitektin eingeschlagen. Doch heute befasst sich Heike Riel (51) mit Nanotechnologie, künstlicher Intelligenz und besonders mit Quantencomputern. Für den IT-Konzern IBM leitet sie in Zürich den Bereich Quantum Europe; kürzlich erhielt sie für ihre Grundlagenforschung zu den heute bekannten OLED-Displays und der neuen Generation von Transistoren den IEEE Andrew S. Grove Award und wurde als eines von nur wenigen internationalen Mitgliedern in die renommierte National Academy of Engineering in den USA aufgenommen.

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Arbeiten mit Holz hat Riel längst in ihre Freizeit ausgelagert. Das Faible dafür erhielt sie im elterlichen Schreinereibetrieb in der Nähe von Nürnberg, wo sie schon als Kind mithalf. Nachdem sie nach der Berufsausbildung das Abitur nachgeholt hatte und nun alle Wege offenstanden, entschied sie sich für ihre eigentliche Leidenschaft: Mathematik und Physik. «Mich begeisterte dabei vor allem die Anwendung der Mathematik, um neue Dinge zu erfinden», sagt sie.

Und so landete Riel schliesslich vor 25 Jahren in einer Technologiefirma. Nach einem Forschungsaufenthalt in den USA verschlug es sie in die Schweiz zum IBM-Labor in Rüschlikon, wo sie für ihre Doktorarbeit forschte. Brillante Farben und eine lange Lebensdauer waren Beiträge von ihr zum ersten grossen OLED-Display, das IBM 2003 präsentierte. Anschliessend leistete sie für rund sieben Jahre die Grundlagenforschung zu einer neuen Transistorentechnologie für Halbleiter. «In zwei Jahren wird diese Technologie in jedem Handy vertreten sein.»

Heike Riel schaut in einen Quantencomputer.
Foto: Chris Iseli für BILANZ
Foto: Chris Iseli für BILANZ

Aktuell beschäftigt sich Riel intensiv mit einer künftig leistungsfähigeren Computertechnologie, die sich der Quantenphysik bedient. «Wir werden mit Quantencomputern Probleme lösen können, die mit den klassischen Rechnertechnologien unlösbar sind.» Um deren Leistung zu illustrieren, macht sie ein Beispiel: Wolle man etwa das Molekül für Koffein berechnen, brauche man mit den gängigen Computern zehn hoch 48 Bits – eine unvorstellbare Zahl. Mit einem idealen Quantencomputer sind es gerade mal 160 Qubits. Sie geht davon aus, dass Quantencomputer in den nächsten fünf Jahren bei bestimmten, sehr schwierigen Aufgaben den herkömmlichen Rechnern punkto Geschwindigkeit, Genauigkeit oder Effizienz überlegen sein werden.

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