Die Personalie ging in der Berichterstattung vom 22.  September fast unter. Dass die Nationalbank mit dem Waadtländer Ökonomen Antoine Martin endlich die Vakanz in ihrem dreiköpfigen Direktorium gefüllt hatte, zog die mediale Aufmerksamkeit auf sich. Keine Frau zwar, wie nach dem Abgang von Andréa Maechler eigentlich gefordert und gewünscht, aber immerhin ein Welscher, auch wenn er den Grossteil seiner Karriere in den USA verbracht hat.

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Derzeit arbeitet Martin bei der Fed in New York als Berater im Financial Research, hierarchisch keine herausgehobene Position. Praktische Bankerfahrung: null.

Bankerfahrung nimmt mit de Planta zu

Die bringt dagegen ein anderer Zuzug umso mehr. Denn mit der Nominierung Martins durch die Nationalbank gab das Finanzdepartement auch die Nomination eines erfahrenen Bankers bekannt: Renaud de Planta, seit vier Jahren als Managing Partner Primus inter Pares in der Teilhaberschaft des noblen Genfer Geldhauses Pictet, zieht in den elfköpfigen Bankrat der Währungsbastion ein.

Für Praxiskompetenz in dem Kontrollgremium ist die Nomination zweifellos ein Fortschritt. Bislang kommt nur Vizepräsident Romeo Lacher vom Fach, doch der frühere CS-Private-Banking-Europa-Chef und heutige Bär-Präsident leitete nie eine Bank.

Pikant: De Planta positionierte sich einst als Gegenspieler zum mächtigen SNB-Chef Thomas Jordan. Gemeinsam mit Vontobel-Chef Zeno Staub sprach er sich für eine Idee aus, die der Notenbank-Chef stets verwarf: «Die Schweiz braucht einen Staatsfonds», lautete der Titel eines Artikels, den das Bankerduo 2012 in der «NZZ» platzierte. Vor der Pandemie wurde er dann wie auch Staub für einen Direktoriumsposten gehandelt, als Gegenpart zu Jordan, der mit seiner Negativzinspolitik als zunehmend uneinsichtig galt. Die Personalie landete auch beim damaligen Finanzminister Ueli Maurer, formal Jordans Dienstherr.

Jetzt war es Maurers Nachfolgerin Karin Keller-Sutter, die de Planta berufen hat. Das Finanzdepartement besetzt sechs der elf Sitze im Bankrat. Empfohlen hat sich der Pictet-Vormann über seine Arbeit in der «Expertengruppe Finanzstabilität», die das CS-Aus im Auftrag Keller-Sutters untersuchte und jüngst ihren Abschlussbericht vorlegte. De Planta war der einzige Banker.

Doch der Bankrat ist für seine institutionalisierte Machtlosigkeit bekannt: Jordan ist bei jeder Sitzung dabei, und es ist festgelegt, dass in der zentralen Frage der Geldpolitik allein das Direktorium entscheidet. Auch in die Anlagepolitik, de Plantas Fachgebiet, darf sich der Bankrat nicht einmischen. Aber der Neue ist fachkompetetent und debattenstark. Es könnte spannend werden.

Er fühle sich «geehrt» durch die Nominierung, liess de Planta dann auch verlauten. Sein Posten bei Pictet soll unter dem neuen Mandat jedoch nicht leiden. Im November wird er 60 Jahre alt. Da liegen noch fünf Jahre drin.

Dirk Schütz
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