Im Jahr 2020 wurden alleine in den USA 156 Milliarden Dollar in Venture Capital investiert und gleichzeitig über 290 Milliarden Dollar an Exits erzielt. Diese Zahl ist noch beeindruckender, wenn man bedenkt, dass diese 290 Milliarden Dollar mit Geld erzielt wurden, das über die letzten sieben oder mehr Jahre investiert wurde, als noch deutlich weniger Mittel in Venture Capital flossen.

Zudem haben die meisten Technologiefirmen, die 2020 an die Börse gegangen sind, nach dem Listing noch einmal deutlich an Wert gewonnen, denn die meisten frühen Investoren halten die Aktien noch für eine gewisse Zeit nach dem IPO. Kein Wunder also gilt Venture Capital als Asset Klasse, mit der viel Geld verdient werden kann.

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Grundsätzlich trifft dies so auch zu – die Durchschnittsrendite von Venture Capital beträgt laut Cambridge Associates 19.1 Prozent über die letzten 25 Jahre. Zudem hat das National Bureau of Economic Research in den USA letztes Jahr bekanntgegeben, dass die Hälfte aller VC Funds zwischen 2009 und 2017 Netto Returns hatten, die höher waren als diejenigen des S&P500 – und sie sind in den meisten Fällen noch weiter gestiegen seit 2017,  wenn man sich die Exits in letzter Zeit anschaut. Vor allem die Returns von Investoren bei den sogenannten «Homeruns» (Investments, die mehr als 100-mal das investierte Geld zurückzahlen) sind noch einmal deutlich höher.

Die Venture Capital Firma Initialized Capital zum Beispiel hat gerade mit einem 300'000 Dollar Seed Investment gefolgt von einer Million an zusätzlichem Investment in Coinbase aus einem sieben Millionen Dollar Fund fast 700 Millionen Dollar verdient und alleine damit den Fund hundert Mal zurückbezahlt. Aus demselben Fund hat Initialized Capital zudem auch früh in Reddit investiert (zuletzt mit sechs Milliarden Dollar bewertet).

Startup und Venture Investments sind mit Risiko verbunden

Ganz so einfach wie es klingt ist es jedoch nicht, mit Venture Capital Geld zu verdienen – sowohl Investments in einzelne Startups wie auch in Venture Capital Fonds folgen dem sogenannten «Power Law» – der Idee, dass ein kleiner Teil der Investments einen Grossteil der Gewinne ausmacht. Denn die meisten Investments in Startups funktionieren nicht und zahlen zumeist weniger als das eingezahlte Kapital zurück (je nach Quelle scheitern 70 bis 90 Prozent aller mit Venture Capital finanzierten Startups früher oder später). 

Entsprechend hat Venture Capital den Ruf einer riskanten Asset Klasse und hat unter anderem auch deshalb noch nicht allzu viel Anklang in der Schweiz gefunden.  «Verhältnismässig wenige Schweizer und auch Europäer sind in Venture Capital investiert.
 

Über den Autor

Pascal Unger ist Managing Partner bei der Venture Capital-Gesellschaft Darling Ventures in San Francisco

Stattdessen gibt es immer noch eine grosse Tendenz hin zur Asset Klasse Buyout Private Equity», sagt Andreas Apitz, Managing Partner bei ISP: «Dies auch, weil viele Investoren in unseren Breitengraden noch immer gebrandmarkt sind vom Platzen der Dotcom-Blase und weil mit Startups bei uns bis anhin noch zu wenig Geld verdient wurde, was wiederum zurück in dieselbe Asset Klasse reinvestiert wird.» ISP hilft Schweizer Investoren dabei,  in Venture Capital Funds zu investieren.

Einige Trends in den letzten Jahren haben dazu geführt, dass sich das Risiko – Return Profil von Venture Capital deutlich verbessert hat. Im Vergleich zu vor zehn Jahren ist es heute zum Beispiel deutlich weniger kapitalintensiv, um (vor allem) eine Software Firma zu starten und das Produkt via Internet zu vertreiben.

Hinzu kommt, dass der Markt für Technologiefirmen deutlich grösser ist als allgemein angenommen - und dementsprechend auch deren mögliche Bewertungen und Exits. Uber zum Beispiel hatte während der Seed Runde im Jahr 2010 angenommen, dass die Gesamtgrösse ihres Marktes bei etwas über vier Milliarden Dollar liegt. 2019 betrug das Transaktionsvolumen auf der Uber Plattform rund 65 Milliarden Dollar. 

Die Digitalisierung hat in vielen Industrien erst gerade begonnen.

Die Pandemie hat diesen Trend hin zur Vergrösserung der Märkte für Technologiefirmen zudem weiter vorangetrieben. Und die Digitalisierung hat in vielen Industrien erst gerade begonnen – es besteht fast überall weiterhin ein riesiges Innovationspotenzial.

Zusätzlich hat in den letzten Jahren eine enorme Professionalisierung der Asset Klasse Venture Capital verbunden mit dem vielen aufgenommenen Kapital stattgefunden. Und auch die Exit-Möglichkeiten für Gründer und Investoren sind deutlich vielfältiger geworden, wie in meinem Artikel «Startups: Drei Phasen führen durch die Startupfinanzierung» bereits erklärt.

Langfristiges und illiquides Investment

Nichtsdestotrotz sind Investments in Venture Capital Vehikel und direkt in Startups weiterhin mit viel Risiko verbunden. Allgemein wird deshalb empfohlen, nur so viel Geld in die Asset Klasse zu investieren, wie man auch verlieren kann, ohne dass es die finanzielle Gesamtsituation allzu stark beeinflusst.

Zumeist wird für Individuen hier zwischen zwei und zehn Prozent der Gesamtassets über einen Zeitraum von zehn Jahren gesprochen. Bei den grossen US-Universitätsstiftungsfonds wie Harvard und Yale sind es inzwischen deutlich über 20 Prozent.

«Valley View»

In unserer Kolumne «Valley View» beleuchtet Pascal Unger regelmässig die neusten Entwicklungen im Silicon Valley und ihre Auswirkungen auf die Schweiz. Alle Texte dazu finden Sie hier.

Zehn Jahre, weil Venture Capital Investments illiquide sind und es durchaus so lange oder noch länger dauern kann, bis Investments in Startups und Venture Funds das einbezahlte Geld (und je nachdem deutlich mehr) zurückbezahlt haben. «Man muss sich sehr gut überlegen, ob man das investierte Geld in den nächsten Jahren braucht – falls ja, sollte man es nicht investieren, denn es gibt in den meisten Fällen keinen Markt, um Anteile zu veräussern» sagt Thomas Dübendorfer, Präsident des Schweizer Angel Investoren Clubs SICTIC hierzu.

Man spricht zudem auch von zehn Jahren aufgrund der sogenannten «Time Diversification» - der Idee, das Risiko über mehrere Jahre hinweg zu verteilen, um weniger von Marktzyklen abhängig zu sein. 

Diversifikation eine Frage des Risikoappetits

Diversifikation, um das Risiko zu verringern, ist im Allgemeinen ein sehr wichtiges Thema, wenn es um Risiko- Investments wie Venture Capital geht. Während sich eine sehr konzentrierte Investmentstrategie (sprich nur wenige Investments zu machen mit entsprechend grösseren Beträgen) positiv auf Returns auswirken kann, wenn alles gut geht, ist das Risiko, alles Geld zu verlieren bei dieser Strategie deutlich höher – sowohl für Venture Funds wie auch Angel Investments.

Thomas Dübendorfer und SICTIC empfehlen Angel Investoren deshalb «mindestens zehn Investments anzupeilen, da sich ab dann das Verlustrisiko deutlich verringert». Venture Capital Funds, die während der Seed Phase investieren, machen grösstenteils mindestens 20 bis 30 oder sogar noch mehr Investments pro Fund.

Dies ist ein BILANZ-Artikel

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Das Diversifikations-Prinzip gilt auch, was Investments in Venture Funds angeht. Die meisten Funds haben einen gewissen Fokus, was die Investment Phase (z.B. Seed, Series A, Series B, etc.), die Geographie (z.B. Schweiz, Europa, USA, Asien, Global) und oftmals auch Sektoren betrifft (z.B. Software, Biotech, Hardware oder auch Generalisten).

Dies bietet Investoren die Möglichkeit, sich einerseits zu diversifizieren und andererseits ihre Investments ihren eigenen Interessen und Themen anzupassen. Dasselbe gilt bei Angel Investoren – auch diese sollten sich Gedanken machen, auf was sie sich fokussieren und wie sie sich diversifizieren wollen. Schlussendlich ist das Ausmass der Diversifikation eine Frage des Risikoappetits. 

Mehr als nur ein finanzielles Investment

Investieren in Startups und Venture Capital Funds ist jedoch weit mehr als nur ein finanzielles Investment. Es ist für viele auch eine Passion. Und es bietet jedem Investor einen hohen Informationswert, um in die Zukunft zu schauen – unter den kleinen Startups von heute sind die grossen Tech-Firmen von morgen. Startups sind ein guter Indikator dafür, wohin sich Industrien bewegen, was einen grossen Einfluss auf ein kotiertes Aktienportfolio in wenigen Jahren haben kann.  

Oder wie es Mike Baur, Mitgründer und CEO der Swiss Startup Group sagt: «Venture sollte neben einem Risiko-Investment auch eine Freude sein – es ist enorm spannend, und der Informationswert ist riesig. Es gibt kein besseres Investment, um auf eine spannende Zukunft zu setzen und am Puls der Zeit zu sein.»