Wer auf der Suche nach Luxusuhren aus Vorbesitz ist, wird nun in einem Onlineshop für High-End-Mode fündig. Bucherer, der weltweit grösste Retailer von teuren Zeitmessern, ist eine Kooperation mit Mytheresa eingegangen. Das Ergebnis der Zusammenarbeit ist eine Angebotserweiterung beim deutschen E-Commerce-Unternehmen, das vor allem für den Verkauf von Luxus-Fashion bekannt ist.

Seit Mittwoch ist auf der Mytheresa-Plattform ein kuratiertes Sortiment an Secondhand-Uhren von Bucherer erhältlich. Die ausgewählten Modelle sind im Online-Shop ab sofort unter den Rubriken «Life», «Womenswear» und «Menswear» zu finden. 

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Zunächst gibt es rund 300 Zeitmesser von grossen Marken. Darunter sind Modelle von Audemars Piguet, Breitling, Cartier, IWC Schaffhausen, Jaeger-LeCoultre und Omega – also die Big Player des Uhren-Games. Die prominente Abwesende, zumindest zum Start, ist die Nummer eins: Rolex. Die weltweit führende Marke vom Genfersee hat Bucherer Ende des letzten Jahres zum ersten Fachhändler gemacht, der von Rolex zertifizierte Vintage-Uhren in gewissen Filialen anbieten darf, um dem Graumarkt den Kampf anzusagen. 

Seit ein paar Tagen kann Bucherer auch im Riesenmarkt USA exklusiv von der Krone höchstselbst zertifizierte Uhren aus Vorbesitz anbieten. Im Mytheresa-Shop werden aber auch künftig keine Rolex-Vintage-Zeitmesser über die Kooperation mit Bucherer angeboten. Aus strategischen Gründen sei entschieden worden, dass Secondhand-Rolex-Uhren nur über die eigenen Distributionskanäle von Bucherer verkauft würden, teilt die Medienstelle des Uhrenhändlers auf Anfrage mit. «Dies wird sich auf absehbare Zeit nicht ändern.» 

Lancierung ist zuerst nur in Europa erfolgt

Um zu verhindern, dass auf Mytheresa Fake-Uhren landen, authentifizieren Bucherer-Experten jedes Modell und stellen dessen Funktionalität sicher, bevor es auf der Plattform landet. Die Uhren tragen also das Siegel Certified Pre-Owned (CPO). Zudem warten von den Marken zertifizierte Uhrmacher die jeweiligen Zeitmesser und stellen eine zweijährige, internationale Bucherer-Garantie aus. 

In einem ersten Schritt sind die Vintage-Uhren nur in Europa, also auch der Schweiz, erhältlich. Weitere Regionen sollen zu einem späteren Zeitpunkt folgen, wie die beiden Partner mitteilen. 

Ab dem 10. Mai gibt es die Bucherer-Uhren bei Mytheresa.
Foto: Paul Lackner
Foto: Paul Lackner

Bucherer will mehr vom Secondhand-Kuchen

Die Kooperation unterstreicht die globalen Ambitionen Bucherers, als Akteur im Secondhand-Markt noch relevanter zu werden. Der Handel mit Gebrauchtuhren hat sich in letzter Zeit zwar etwas abgekühlt. So gab es bei den Luxuszeitmessern aus zweiter Hand einen monatelangen Preisverfall, dieser Trend hat jedoch Mitte März gestoppt. Und aus langfristiger Sicht ist das Geschäft mit Vintage-Uhren sowieso ein boomendes, ist doch dieses Marktsegment in den letzten Jahren deutlich schneller gewachsen als der Verkauf von neuen Uhren. Global werden mit neuen Uhren rund 30 Milliarden Dollar umgesetzt. Der Markt mit Zeitmessern aus Vorbesitz dürfte mindestens so gross sein, wenn nicht gar grösser.    

Von diesem fetten Kuchen will sich Bucherer ein grosses Stück abschneiden. Um das zu erreichen, setzt der Schweizer Uhrenhändler eben auf Kooperationen. Im vergangenen Herbst hat er die Partnerschaft mit dem Auktionshaus Sotheby’s ausgebaut, um gemeinsam Secondhand-Uhren online zu verkaufen, wie das Bucherer nun auch mit Mytheresa tut. Über diese Zusammenarbeit sagt Bucherer-CCO Patrick Graf: «Da die weltweite Nachfrage nach Uhren aus Vorbesitz ein noch nie dagewesenes Niveau erreicht hat, sind wir der Meinung, dass Vertrauen, Expertise und Authentizität immer wichtiger werden – drei Werte, die den Kern der Philosophie von Mytheresa und Bucherer bilden.»

Mytheresas Aktie kriselt seit längerem

Der Luxusportal-Betreiber aus München ist ein Partner mit globalem Netzwerk. Laut eigenen Angaben ist das Unternehmen in über 130 Ländern aktiv. Es betreibt Verkaufsplattformen für Luxusmode in den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Arabisch, Chinesisch, Koreanisch und Spanisch.   

Anfang 2021 ging Mytheresa in New York an die Börse. Auf einen Schlag war das Unternehmen 2,3 Milliarden Euro schwer. Den ersten Börsentag beendete die Aktie bei 31 Dollar – mit einem Plus von 19 Prozent. Aktuell gleicht das Mytheresa-Papier aber eher einem Angebot vom Discounter. Der Kurs liegt seit gut zwei Wochen unter fünf Dollar. «Wir sind momentan extrem unterbewertet», sagte CEO Michael Kliger kürzlich der «Wirtschaftswoche». Mytheresa sei wegen eingetrübter Wachstumsprognosen bei einigen E-Commerce-Unternehmen in Sippenhaft genommen worden, «obwohl unser Geschäftsmodell deutlich robuster ist als das eines klassischen Onlinehändlers». 

Neben einer Offensive im wiedereröffneten China – Mytheresa ist eine Kooperation mit vier chinesischen Designern eingegangen, die neue Kollektionen entwerfen sollen – will Kliger mit der Sortimentserweiterung den Abwärtstrend aufhalten. «Wir sehen die Einführung von CPO-Zeitmessern als einen bedeutenden ersten Schritt in unserer Partnerschaft und Zusammenarbeit», sagt er zum Deal mit Bucherer. Von den beiden ist also künftig noch mehr zu erwarten. 

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