Die Party geht zu Ende. Zehn Jahre lang haben die Notenbanken die Märkte mit einer Kombination aus niedrigen Zinsen und quantitativen Lockerungsmassnahmen bei Laune gehalten, um die Weltwirtschaft nach der Finanzkrise von 2007/2008 in Gang zu bringen. Die Phase unkonventioneller Geldpolitik hat deutlich länger gedauert, als fast alle Experten vorausgesagt hatten – weshalb die globalen Märkte jetzt einen viel stärkeren Nachholbedarf haben als gedacht. In den letzten vier Monaten scheinen die Märkte endlich aufgewacht zu sein. Mittlerweile haben sie erkannt, dass die Zeit der quasi grenzenlosen Liquiditätsversorgung so gut wie vorbei ist. Wie sich die Weltwirtschaft in einem Umfeld höherer Zinsen schlagen wird, ist unklar – und auch der Grund für die zuletzt höhere Volatilität an den Aktien- und Anleihemärkten.

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Sehr kritisch beäugt wird vor allem die US-Wirtschaft. Jedoch ist zu erwarten, dass US-Präsident Trumps 1,5 Billionen US-Dollar schweres Stimulierungspaket von Unternehmens- und Einkommenssteuersenkungen das Wachstum noch mindestens ein Jahr lang stützen wird. Das eigentliche Problem ist das stärkere Lohnwachstum in den USA als Folge der angespannten Arbeitsmarktbedingungen. Mit 3,7 Prozent ist die Arbeitslosenrate aktuell so niedrig wie zuletzt im Dezember 1969, während die Löhne im Oktober 2018 im Vorjahresvergleich so stark gestiegen sind wie seit neuneinhalb Jahren nicht mehr. Angesichts dessen dürfte die Fed ihre kontrollierten Zinserhöhungen fortsetzen, auch um dem vorprogrammierten Anstieg des US-Haushaltsdefizits entgegenzuwirken.

Europa schlägt sich durch

In Europa wird sich die Wirtschaft voraussichtlich weiter durchschlagen und ausreichend stark wachsen, um es der Europäischen Zentralbank zu erlauben, die Zinsen im nächsten Jahr erstmals seit 2011 anzuheben. Die Italien-Frage aber hängt über der Eurozone. Italiens populistische Regierung ist mit ihren Haushaltsplänen für 2019 auf Konfrontationskurs mit der Europäischen Union (EU) gegangen. Die geplante Defizitausweitung wird als waghalsig angesehen, da Italiens Staatsverschuldung bereits rund 133 Prozent des BIP erreicht hat und damit deutlich höher ist als in irgendeinem anderen grossen Mitgliedstaat der Eurozone. Ein andauernder Konflikt zwischen Italien und der EU könnte eine ausgewachsene Krise auslösen, die schlimmstenfalls den Zerfall der Eurozone nach sich ziehen könnte. Wahrscheinlich ist solch ein Szenario allerdings nicht. Die EU-Politiker haben die Kunst des Strickens von Last-Minute-Deals perfektioniert – so ist es in der Eurozone schon immer gelaufen.

Sich durchschlagen ist auch eine gute Beschreibung für das, was auf der anderen Seite des Ärmelkanals gerade passiert, wo sich die britische Regierung auf den EU-Austritt vorbereitet. Die Briten hatten zwar die Komplexität des Austrittsprozesses zum Zeitpunkt des Referendums möglicherweise unterschätzt. Doch geben sich jetzt nur noch die wenigsten irgendwelchen Illusionen hin, was die vor ihnen liegenden Schwierigkeiten angeht. Der Brexit ist ein Sorgenfaktor, aber die Briten sind anpassungsfähig und werden vermutlich einen gangbaren Weg finden. Letztendlich aber ist Grossbritannien nur eine mittelgrosse Insel vor der europäischen Küste – die Welt hat andere, grössere Probleme.

Argumente für den freien Welthandel

Eines der grössten Argumente ist der sich zuspitzende Konflikt zwischen den USA und China, den beiden globalen Supermächten. Bei einem so willkürlichen Machthaber im Weissen Haus, wie dem derzeitigen Präsidenten, ist schwer zu sagen, ob sich der Handelskonflikt 2019 weiter verschärfen, oder es zu einer Entspannung an der Handelsfront kommen wird. Sicher aber ist, dass ein relativ reibungsloser Welthandel letztlich entscheidend für das wirtschaftliche Wohlergehen der restlichen Welt ist. Insbesondere die Schwellenländer haben sehr stark vom Freihandel profitiert. Daher könnte sich diese neue Welle des Protektionismus kombiniert mit einem wiederaufkeimenden Nationalismus als sehr schädlich erweisen. Dessen ungeachtet sind die mittel- bis langfristigen Aussichten für die Schwellenländer aber weiter positiv.

2018 haben sich die Emerging Markets – mit den nennenswerten Ausnahmen Argentinien, Türkei und Venezuela – relativ robust gezeigt. Und dies obwohl der steigende US-Dollar Sorgen geschürt hatte, dass diese Länder und die dort ansässigen Unternehmen künftig grössere Probleme mit der Rückzahlung ihrer erheblichen US-Dollar-Schulden bekommen könnten. Solange der US-Dollar etwa auf dem aktuellen Niveau verharrt oder sogar abwertet und der Ölpreis – ein wichtiger Faktor für die Perspektiven der Schwellenmärkte – stabil bleibt, könnte das nächste Jahr ein Gutes für die Emerging Markets werden.

In der längerfristigen Betrachtung zeigt sich, dass es ausgedehnte Phasen gibt, in denen sich die Märkte in einer engen Handelsspanne bewegen. Als Basisszenario für 2019 erscheint diese Annahme daher plausibel. Stock-Pickern, die sich vor allem an den Fundamentaldaten der Unternehmen orientieren, bietet ein solches Umfeld häufig gute Chancen, um Mehrwert zu schaffen. Da die Bewertungen gemessen an den meisten Kennzahlen im historischen Vergleich aber inzwischen sehr hoch sind, sollten wir keine allzu üppigen Renditen erwarten.

*Edward Bonham Carter, Vice Chairman bei Jupiter Asset Management