Er kann es einfach nicht lassen. Schon als Chef der Deutschen Börse hatte Werner Seifert zweimal versucht, die Londoner Börse (LSE) zu übernehmen. Jetzt hat der Schweizer abermals die Gelegenheit, beim Übernahmepoker mitzumischen. Die australische Investment-Bank Macquarie habe Seifert gebeten, sie bei der LSE-Übernahme zu beraten, schreibt das deutsche «Manager Magazin».

Macquarie hatte sich als Interessent für die Londoner Börse ins Gespräch gebracht und ein Angebot angekündigt. Ein solches steht allerdings weiterhin aus. Die australische Bank plant die Akquisition in Zusammenarbeit mit einer Gruppe von Investoren. Mit dabei ist die Softwarefirma Computershare. Wie hoch das Übernahmeangebot sein wird, ist noch nicht klar. Es muss aber wohl höher sein als die 5.30 Pfund pro Aktie, die von der Deutschen Börse im vergangenen Jahr geboten worden sind.

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Werner Seifert war damals mit dem zweiten Übernahmeversuch gescheitert. Bei den Aktionären der Deutschen Börse – vorneweg bei der britischen Hedge-Fund-Firma TCI – stiess er auf erbitterten Widerstand. Sie zwangen Seifert, der rund zwölf Jahre an der Spitze der Deutschen Börse gestanden hatte, zum Rücktritt. Doch da aller guten Dinge drei sind, soll Seifert nun den Australiern Tipps geben, wie man sich die Londoner Börse am besten unter den Nagel reisst.

Dass LSE-Chefin Clara Furse erst kürzlich betonte, die Londoner Börse solle auch in Zukunft unabhängig bleiben und stehe nicht zum Verkauf, scheint die Investoren aus Down under und ihren Schweizer Berater nicht abzuschrecken.

Schrecken können dagegen Steuerbehörden verbreiten. Ihr neuster Coup richtet sich gegen die Einkäufe in die Pensionskasse. Damit werden die gesetzlichen Bestimmungen von den Steuerbehörden einseitig unterlaufen. Nach einem Kompromiss wird neu für die Berechnung des Einkaufs ein Zinssatz von zwei Prozent angenommen, in Ausnahmefällen können höhere Zinsen von den Steuerbehörden genehmigt werden. Bisher rechneten die meisten Kassen mit einem Zinssatz von vier Prozent. Sinkt nun der Zins, werden auch der Einkauf in die PK und damit die Steuerersparnis deutlich eingeschränkt. Im Gegensatz zum viel diskutierten Umwandlungssatz ist dieser heimliche Zinsentscheid noch nicht bekannt, die Auswirkungen können allerdings auch für Sie gross sein. Deshalb der wichtige Tipp: Wer sich künftig noch einkaufen möchte, tut gut daran, seine Pensionskasse anzufragen, mit welchem Zinssatz die Einkaufstabelle berechnet ist. Rechnet die Pensionskasse mit vier Prozent, so ist es vorteilhaft, noch im Jahr 2005 einen Einkauf zu tätigen – ab nächstem Jahr ist es vielleicht zu spät. Ähnlich wie beim Lohnausweis gehen die Steuerbehörden direkt auf die Taschen von Angestellten und Firmen los. Dafür brauchen sie offenbar nicht einmal den offiziellen Segen von Finanzminster Hans-Rudolf Merz.

Es gibt Aktien, die können noch so tief bewertet sein: Ich kaufe sie trotzdem nicht. So lange zumindest nicht, bis die Führungsspitze dieser Firma grundlegend erneuert ist. Valora ist so ein Beispiel, auf das ich zu Beginn des Jahres hingewiesen habe. Ein ähnlicher Fall ist Mikron: FDP-Nationalrat Johann Niklaus Schneider-Ammann gehört dem VR seit 1991 an, Professor Peter Forstmoser gar seit 1976. Die Performance der Mikron-Aktie ist eines der grössten Trauerspiele, die an der Schweizer Börse zu finden sind. Während der Gesamtindex sich in den letzten 20 Jahren versechsfacht hat, erreicht der Mikron-Kurs nur noch einen Bruchteil der früheren Werte (siehe «Auf Tauchstation» unten). 1999, kurz bevor die New-Economy-Blase platzte, kaufte sich die Firma für 158 Millionen Franken in das Telekomgeschäft ein, finanziert alleine über Kredite notabene. Dieser und weitere Deals haben dem traditionsreichen Bieler Maschinenbauer fast das Genick gebrochen: Die Banken mussten sich über 200 Millionen ans Bein streichen, der Wertverlust für die Aktionäre liegt sogar noch höher.

Vor ein paar Tagen nun hat Mikron mit der Kunststoffsparte, die immerhin einen Umsatz von 120 Millionen Franken bringt, die letzte Altlast verkauft – zum Preis von 28 Millionen. Pikant ist vor allem der Name des Käufers: Es ist eine Gruppe um denselben Johann Niklaus Schneider-Ammann, der seit zwei Jahren auch zu den Mehrheitsaktionären von Mikron gehört. Er habe sich im Bieterverfahren gegen eine zweite Gruppe mit Mikron-Insidern durchgesetzt, verlautet aus dem Unternehmen. Mikron-CEO Eduard Rikli will mir die Frage nicht beantworten, ob noch weiteren, externen Interessenten Einblick in die Firmenbücher gewährt worden sei.

Dass die Verwaltungsräte Schneider-Ammann und Forstmoser nicht in der Lage sind, eine transparente Auktion durchzuführen, befremdet mich. Angesichts der potenziellen Interessenkonflikte müsste eine solche Auktion zwingend an eine unabhängige Instanz, die zudem eine «fairness opinion» erstellen kann, übertragen werden. Gerade von Rechtsprofessor Forstmoser, der sonst nicht mit schönen Corporate-Governance-Sprüchen geizt, hätte ich mehr Fingerspitzengefühl erwartet – zumal er sich bei Mikron auch sonst nicht mit Ruhm bekleckert hat.

Eine Performance von 700 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten: Die Rede ist nicht von einer chinesischen Internetaktie, sondern von einem uralten Wertpapier. Seit 1891 gibt es Aktien der Stanserhornbahn, und noch immer führt auf dem untersten Streckenteil der rote Originalwagen die Gäste gemütlich in die Höhe. Neben dem Drehrestaurant wurde extra eine Faulenzerzone installiert, und statt als Action-Berg will das Stanserhorn bei Luzern bewusst als «besonders gemütlich» gelten. Umso überraschender ist der enorme Höhenflug der raren Stanserhornbahn-Aktien. Der offizielle Steuerwert fürs vergangene Jahr lag bei 22 Franken. Anfang Jahr lag der Preis bei 55 Franken. Nun liegt der Kurs bei 320 Franken.

Das freut in erster Linie die Nidwaldner Steuerbehörden. Die treuen, lokalen Aktionäre werden wohl auch in Zukunft ihre Papiere nicht weiterverkaufen. «Es sind absolute Liebhaberpapiere, und wir haben seit vielen Jahren eine Warteliste von Interessenten, die das Originalpapier erwerben möchten», sagt Direktor Jürg Balsiger. Den aktuellen Kurssprung kann auch er sich nur teilweise erklären: «Es gibt halt Oldtimerfreunde, die zahlen für das Papier jeden Preis.» Aber eben, es gibt kaum je einen Abschluss. Einige Interessenten warten bereits seit acht Jahren auf eine Kaufgelegenheit. Von solch treuen Aktionären können andere Firmen nur träumen. Und der Kurs dürfte auch nicht wieder fallen, wenn an der nächsten Generalversammlung wegen der Unwetter nur eine schwarze Null resultieren wird. Immerhin ist die Stanserhornbahn völlig schuldenfrei, und auch nach dem Höhenflug ist die gesamte Bewertung mit gut sechs Millionen Franken immer noch dreimal tiefer als der reine Versicherungswert.

Ihr Frank Goldfinger

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